Brief 2

Lieber Abdullah,

hab Dank für Deine verständnisvolle Resonanz auf meinen letzten Brief. Was Du schreibst ist allzu wahr. Man landet so leicht in einer Nebenstraße oder Sackgasse und läßt sich vom Wesentlichen abbringen.

Du schreibst sehr richtig, daß wir zwar beide von Gott reden, sein Wesen jedoch, aus der Sicht unserer eigenen Kultur und unseres religiösen Hintergrundes, unterschiedlich verstehen und einordnen. Unser Gottesbild beeinflußt natürlich auch unser Weltbild, d.h. unser Verständnis über alles, was unserem Leben hier und jetzt Sinn, Inhalt und Ziel verleiht. Wie kann so etwas geschehen, fragst Du, wenn wir an denselben einen Gott glauben und trotzdem ein unterschiedliches Verständnis von Ihm haben? Du hast ja die Antwort darauf schon angedeutet: Weil unser Gottesverständnis von unterschiedlichen Quellen geformt wurde. Darum müßten wir eigentlich in einem geistlichen Gespräch zuerst einmal definieren, wer und wie Gott eigentlich ist.

Es gibt die unterschiedlichsten Vorstellungen von Gott und über die andere Welt. OK, wir glauben beide an einen persönlichen Gott und jetzt müßte ich eigentlich schon erklärend dazusetzen, was ich mit persönlich meine. Eben das Gegenteil von un-persönlich, was ein Es wäre, und kein Er. Gott ist nicht nur eine gewaltige Macht oder ein Wesen, zu dem man keine persönliche Beziehung pflegen könnte, der vielleicht die Welt erschuf und sich dann davon zurückzog oder vielleicht sogar selbst ein teil der Natur wäre. Es kann aber auch sein, daß man Hilfe sucht bei anderen persönlichen Wesen, ich denke hier etwa an einen Sar oder Dschin, den man fürchtet und zu beschwichtigen sucht als ob es keinen allmächtigen Gott gäbe.

Wer und wie ist Gott denn nun wirklich? Menschen erkennen wir problemlos an ihren Merkmalen, den Gesichtszügen, der Stimme usw. So ist Gott natürlich nicht erkennbar. Wir können ihn an seinen Wesensmerkmalen erkennen. Die Bibel stellt Gott als Jahweh Elohim, der Koran als Allah vor. Das sind natürlich nur Namen mit denen wir meinen, denselben Gott zu bezeichnen. Jedoch zeigen unsere beiden Bücher deutlich unterschiedliche, sich sogar widersprechende Wesenszüge Gottes auf. Und hier liegt der eigentliche Grund für unser Dilemma. Daraus folgt dann, dass sich Muslime und Christen gegenüberstehen, anstatt neben- oder miteinander.

Wir glauben sicher beide, daß unterschiedliche Darstellungen von oder über Gott nicht daher kommen, daß er sich unterschiedlich offenbart hat. Vielmehr entstehen sich widersprechende Auffassungen über ihn durch eine falsche oder unvollkommene Quelle, vielleicht auch durch ein falsches Verständnis der Aussagen solcher Quelle. Ebenso glauben wir, daß rechte Erkenntnis über Gott notwendigerweise von Gott selbst kommen muß. Was wüßten wir denn sonst schon über ihn? Lediglich, was sich aus den Spuren seines Handelns schließen läßt.

Wenn wir die Natur, die Schöpfung, den Kosmos in ihrer ungeheueren Komplexität anschauen, wer wird davon nicht überwältigt? Das führt fast zwangsläufig zu der Annahme, daß es einen Schöpfer geben muß. Wir wissen, daß Kosmos, übersetzt Ordnung, nicht zufällig aus einem Urchaos entstanden sein kann. Alle Entwicklung nach oben ist nicht denkbar ohne einen Einfluss von außen. Allein die Existenz einer einzigen Zelle unseres Körpers setzt höchte Intelligenz und Macht voraus. Wir glauben somit an eine Schöpfung und damit auch einen Schöpfer. Darum können wir also mit großer Sicherheit schliessen, daß dieses Weltall nicht durch Zufall entstanden sein kann, sondern von einem höheren Wesen erschaffen ist.

Wenn wir die Natur, die Schöpfung, den Kosmos in ihrer ungeheueren Komplexität anschauen, wer wird davon nicht überwältigt? Das führt fast zwangsläufig zu der Annahme, daß es einen Schöpfer geben muß. Wir wissen, daß Kosmos, übersetzt Ordnung, nicht zufällig aus einem Urchaos entstanden sein kann. Alle Entwicklung nach oben ist nicht denkbar ohne einen Einfluss von außen. Allein die Existenz einer einzigen Zelle unseres Körpers setzt höchte Intelligenz und Macht voraus. Wir glauben somit an eine Schöpfung und damit auch einen Schöpfer. Darum können wir also mit großer Sicherheit schliessen, daß dieses Weltall nicht durch Zufall entstanden sein kann, sondern von einem höheren Wesen erschaffen ist.

Allerdings sagt die Schöpfung allein kaum mehr aus, als daß der Schöpfer unglaublich mächtig und herrlich sein muß. Sie sagt nichts aus über das Wesen des Schöpfers, den wir nun mit Gott oder Allah benennen. Sie schweigt auch darüber, ob er liebt, gerecht ist und heilig oder gnädig, und ob er Anteil nimmt an seiner Schöpfung und somit auch uns Menschen. Dieses Wissen macht Gott uns Menschen allein kund durch Offenbarung.

Wie vergleicht sich unsere persönliche Vorstellung von Ihm nun mit dem, was Gott über sich selbst aussagt? Und wie vergleichen sich die Aussagen über Gott in unseren Büchern, der Bibel und dem Koran?

Wir sind uns sicher einig, dass Gott heilig, gerecht und gut ist, daß er gnädig ist und sich über uns erbarmt. Aber das sind zunächst wiedereinmal nur Worte, deren tiefere Bedeutung wir erst an Seinem Wort und seinem entsprechenden Handeln erkennen können. Dazu kommen andere Fragen: Wenn Gott gut ist, warum gibt es denn das Böse? Hat er das Böse geschaffen? Wenn ja, ist er dann wirklich gut? Wird er uns dafür verantwortlich halten, wenn wir das Böse, das er geschaffen hat, tun? Wird er uns dafür bestrafen? Ist er dann noch gerecht? Ohne sein Wort hätten wir darauf keine Antwort.

Vielleicht haben wir nie spezifisch darüber nachgedacht, doch ist es wahr, daß wir intuitiv davon ausgehen, daß Gott gut und gerecht ist. Unser Bewußtsein über das Ewige, unsere Vorstellung von Ihm, ist in uns hineingelegt worden, und das entspricht der Sehnsucht unseres Herzens. Die Bibel drückt es so aus:

In das Herz des Menschen hat Gott den Wunsch gelegt, nach dem zu fragen, was ewig ist. Aber der Mensch kann Gottes Werke nie voll und ganz begreifen. (Pred. 3:11).

Wir glauben nun einmal nicht, daß Gott das Böse will oder gar erschaffen hat. Gottes Widersacher, Satan ist es, der den Menschen beherrschen und zum Bösen verführen und gebrauchen will. Jede Versuchung, die an uns herangetragen wird, ist dadurch ebenso ein Test daraufhin, ob wir auf Gottes Wort, oder zumindest auf unser Gewissen, hören wollen oder nicht. Ohne die Möglichkeit einer Wahl könnte ein Mensch sich nicht entscheiden, ob er das tun will, was gottgefällig und damit gut ist oder ob er das böse vorzieht. Gäbe es diese Möglichkeit der Entscheidung nicht, gäbe es auch keine Möglichkeit sich für oder gegen Gott zu entscheiden. Selbst Gott lieben könnten wir nicht, denn Liebe setzt Freiwilligkeit voraus und kann nicht erzwungen werden. Kurz, ohne die Möglichkeit einer freien Wahl wäre der Mensch ein willenloser Roboter, ein Automat.

All das, was wir nun intuitiv von Gott annehmen, ist im Islam oft recht anders dargestellt. Ob Dir das jemals aufgefallen ist? Der bekannte islamische Theologe und Korankommentator al-Barqawi (gest. 1135) hat anhand des Koran ein Credo, eine Art Glaubenskondensierung, verfaßt. Er schrieb er über Gott:

All das, was wir nun intuitiv von Gott annehmen, ist im Islam oft recht anders dargestellt. Ob Dir das jemals aufgefallen ist? Der bekannte islamische Theologe und Korankommentator al-Barqawi (gest. 1135) hat anhand des Koran ein Credo, eine Art Glaubenskondensierung, verfaßt. Er schrieb er über Gott:

"Er profitiert und verliert nichts durch irgendein Geschehen. Wenn alle Ungläubigen gläubig würden, würde Ihm das keinen Vorteil erbringen. Andererseits, wenn alle Gläubigen vom Glauben abfallen würden, träfe ihn kein Verlust.

Er kann tun, was immer er will, und was immer er will, geschieht. er ist nicht verpflichtet zu handeln. Alles, Gute oder Böse in dieser Welt, ist von Ihm gewollt. Er will den Glauben des Gläubigen und die Frömmigkeit des Frommen. Sollte er seinen Willen ändern, gäbe es weder einen echten Gläubigen, noch einen frommen Menschen.

Er will auch den Unglauben des Ungläubigen und die Gottlosigkeit des Bösen, und ohne diesen Willen gäbe es weder Unglaube noch Gottlosigkeit.

Er ist absolut frei zu wollen, was er will: Durch die Schöpfung Ungläubiger und den Willen, daß sie in diesem Zustand verharren, indem er Schlangen, Skorpione und Schweine erschafft, kurz gesagt, indem er will, was böse ist. Allah hat eine weise Absicht damit, und es ist nicht nötig, daß wir das wissen sollten.

( zitiert aus der Haft sifat nach dem Dictionary of Islam Seite 141)

Da stockt einem der Atem. Es ist aber offensichtlich, daß al-Barqawi, im Verband mit allen anderen islamischen Theologen, damit nur etwas Gutes über Gott aussagen will, nämlich daß Allah der absolute Soverän ist, der Einzige, der überhaupt handlungsfähig ist. Das ist er in gewisser Weise natürlich auch, und das ist es, was der Koran und die Hadithen deutlich aussagen. Aber, können wir diesem Inhalt und dem, was daraus folgt, wirklich von Herzen zustimmen?

Wenn wir (d.h. Allah) es gewollt hätten, so würden wir jedem Menschen richtige Leitung gegeben haben, aber mein Wort muß wahr werden, da ich gesprochen habe: Die Hölle will ich füllen mit den Geistern und den Menschen allesamt. (Sure 32:14).

Er verzeiht, wem er will, und bestraft, wen er will. (Sure 5:19).

Einige nun hatte Allah auf den rechten Weg geleitet, anderen aber war der Irrtum bestimmt. (Sure 16:37).

Wen Allah leitet, der ist wohl geleitet, wen er in die Irre führt, der ist verloren. Viele der Dschinnen und Menschen schufen wir für die Hölle. (Sure 7:179-180).

Wenn Allah es gewollt hätte, so würde er ja nur ein Volk aus euch gemacht haben; aber so läßt er im Irrtum (eigentlich: er führt in die Irre) und auf dem rechten Wege, wen er will, und ihr werdet einst Rechenschaft geben müssen über das, was ihr gatan habt. (Sure 16:94).

Liebe beinhaltet ein Verlangen nach dem Geliebten. Da man aber nicht davon ausgehen kann, daß Allah ein Bedürfnis hat oder einer Erfüllung bedarf, ist es darum unmöglich, daß Allah lieben könnte.

Ob diese Aussagen dem uns innewohnenden Bild von Gott entsprechen? Erklärungsversuche, die diese Lehre etwas schmackhafter machen wollen, überzeugen ebenso wenig, wie die Anschuldigung, die oben erwähnten Texte seien aus dem Kontext gerissen. Es wird zwar erklärend gelehrt, daß Allah mukhalifa ist, was soviel heißt, daß er eben total anders ist, als alles in seiner Schöpfung und daß alle Attribute, die auf Menschen anwendbar sind, darum nicht zu Gott passen. Aber auch diese Erklärung kann das menschliche Herz nicht befriedigen.

Im Gegensatz dazu steht im Koran aber auch, daß dem Menschen die freie Wahl in Verantwortung vor Gott zugebilligt ist. Der Koran spricht sogar sehr häufig von Allahs Vergebung und Erbarmen. Wir brauchen nur an die Bismillah, die Anfangsworte aller (außer einer) Suren, zu denken,. Trotzdem wurde mir immer wieder von muslimischen Freunden versichert, daß niemand wissen kann, ob er/sie Vergebung empfangen hat - oder auch nicht, und daß man darüberhinaus auch nicht wissen kann, wohin man geht, wenn dieses Leben einmal endet. Aber ist es nicht gerade dieser Aspekt, der uns von Angst befreien und den ersehnten Frieden in unsere Herzen schenken kann? Unser Herz braucht diese Geborgenheit, dieses Wissen, von Gott Vergebung empfangen zu haben und von Ihm angenommen zu sein. Wie können wir sonst jemals zu inneren Frieden finden? Ob Du Dich jemals mit diesen Gedanken auseinandergesetzt hast?

Im Neuen Testament, von Muslimen Injil genannt, finden wir, daß die Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes gepaart ist mit seiner Liebe und seinem Erbarmen Wenn ich also vor Gott schuldig geworden bin und meine Haltung gegenüber Gott und die daraus folgende Tat wirklich aufrichtig bereue und sie vor Gott bekenne und um Vergebung bitte, dann erfüllt Gott seine Zusage treu und gerecht: Er wird unsere Sünden vergeben und uns von allem Bösen reinigen. (1. Joh. 1:9). Das ist eine verbindliche Zusage Gottes! Er hat Geduld mit euch und will nicht, dass auch nur einer von euch verloren geht. Jeder soll Gelegenheit haben, zu Gott umzukehren, lesen wir dazu (2. Petr. 3:9).

Ich will in diesem wirklich beunruhigenden Thema nun nicht unnötig herumstochern, doch sollten wir wissen, daß die Lehre des Islam einen ebenso erheblichen Einfluß auf das Gottesbild der gläubigen Muslime hat, wie das biblische Bild von Gott seinen Niederschlag in denen hat, die Jesus nachfolgen. Das zeigt sich darin, daß er sich als unser guter Hirte darstellt, der seine Schafe weidet und führt, und den Verirrten, Verlorenen nachgeht, bis er sie findet und errettet (Joh. 10:10-11, 14, 17-18, 27; Luk. 15:3-7 und Psalm 23). Und das ist zutiefst mein und sicher auch Dein Bedürfnis.

Die Liebe des Hirten spiegelt sich auch in den Worten Jesu wider, die er kurz vor seiner Kreuzigung über die Menschen von Jerusalem aussprach:

Wie oft schon wollte ich euch um mich sammeln, so wie

eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt! Aber ihr habt es nicht gewollt!

(Matt. 23:37).

Diese Worte bestätigen noch einmal, daß wir von der uns geschenkten Möglichkeit der Wahl positiven Gebrauch machen sollten. Denn es ist offensichtlich nicht allein unsere Schuld und Sünde, die uns von Gott trennen, sondern ebenso die mangelnde Bereitschaft, Gottes Begnadigungsangebot durch Jesus anzunehmen.

Nun muß ich aber schließen. Es ist schon spät, doch man bemerkt immer wieder, wie das biblische Sprichwort stimmt, das sagt: Wem das Herz voll ist, dem läuft der Mund über (Matth. 12:34), wie eine alte Übersetzung es ausdrückt.

Nun kam doch wieder viel Kontroverses zur Sprache. Ich meine aber doch, daß es richtig und somit auch gut ist, zu vergleichen, darüber nachzudenken und auch zu sprechen. Sonst müßten wir so tun, als gäbe es keine inhaltlichen Unterschiede zwischen den beiden Fundamenten, auf denen sich unser Leben gründet. Darum muss ich mich wohl auch nicht groß für meine Offenheit in diese Zeilen entschuldigen.

Und nun noch einen herzlichen Gruß!

 

Dein

Theophilus