Problemstellen in der Bibel

Nachdem wir nun unberechtigte Anklagen geklärt haben, mag der Anschein entstanden sein, dass die Bibel keine Probleme in sich birgt.

Kann es überhaupt sein, dass in Gottes Wort Probleme zu finden sind? Ja, sie gibt es, und einige wollen wir kurz anreissen:

  1. Da ist, zum Beispiel, eine unvollständige Kenntnis der hebräischen Sprache, die ja viele Jahrhunderte ‘tot’ war, das heisst nicht gesprochen wurde. Man weiss beispielsweise nicht, was das Wort ‘Selah‘ in den Psalmen bedeutet, und kann es nur erraten. Es gibt auch noch andere Worte, deren Sinn nicht mehr bekannt ist.
    Erinnern wir uns an das Nadelöhr, durch das ein Kamel leichter gehen kann, als dass ein Reicher in den Himmel kommt (Matth. 19:24)? Das wäre absolut und total unmöglich. Doch ein Fussgängertor, das ein Teil des grossen Stadttors war, wurde Nadelöhr genannt. Und da kann ein Kamel durchkommen, alledings nur ‘auf den Knien‘. Darum braucht auch ein Reicher nicht verzagen.
    Ähnlich steht es mit dem ‘Balken‘ im Auge (Matth. 7:3). Wer hat denn schon einmal einen Balken im Auge gehabt? Wenn man weiss, dass ein Brunnen auch ‘Auge‘ genannt wurde, wird eine Deutung möglich. En Balken im Brunnen verhindert, dass daraus Wasser geschöpft werden kann, wogegen ein Splitter ihn nur etwas verunreinigt. Und so gibt es sicher noch andere Beispiele - die wir (noch) nicht erklären können, und darum sind sie uns unverständlich. Doch die obigen verstehen wir jetzt doch.
  2. Dann wäre unsere lückenhafte Kenntnis der damaligen Gebräuche, Geschichte und Geographie zu nennen. In alten Darstellungen von Moses, auch in der Statue, die Michelangelo von ihm gefertigt hat, wird Moses mit Hörnern gezeigt. Das beruhte auf dem Missverständnis, dass das hebräische Wort für glänzen oder scheinen Horn heisse (2. Mose 34:29).
  3. Und dann müssen wir uns immer wieder bewusst werden, dass unser Verstand und unsere Sinne ihre Grenzen haben. Wir können nun einmal nicht ‘verstehen‘, wer Gott ist und und was Ewigkeit bedeutet, und warum wir beispielsweise Gott, der ja alles weiss, unsere Anliegen ‘kundwerden lassen‘ sollen (Phil. 4:6).

Wir müssen auch wissen, dass nicht alle Teile der Schrift allen Menschen zu allen Zeiten zugänglich sind oder waren. Wir lesen in der Bibel wiederholt von dem ‘Mysterium‘ Gottes. Im Buch Hiob (11:7) werden wir gefragt: “Meinst du, dass du weisst, was Gott weiss?“ Wir sind darauf angewiesen, dass Gott selbst uns durch seinen Geist erleuchtet, damit wir geistliches Wissen auch erfassen können. Und das tut er auch zur rechten Zeit.

Darum wollen wir jetzt wirkliche oder scheinbare Problemtexte der Bibel untersuchen. Wir wollen feststellen, ob wir Antworten dazu finden können, und ob wirklich ein Anlass zu Zweifeln an der Authentizität der Schrift besteht.

Wenn wir das tun, müssen wir bedenken, dass wir es mit antiken Texten zu tun haben, die über viele Jahrhunderte, ja, Jahrtausende, per Hand mittels primitivster Mittel kopiert wurden.

Auslassungen oder Einfügungen

In manchen Ausgaben der Bibel, werden wir in den Fussnoten auf bestehende Problemstellen hingewiesen. Es mag da beispielsweise vermerkt sein, dass der hebräische Text an dieser Stelle unklar ist oder dass andere Manuskripte ein anderes Wort benutzt haben, was dann angeführt ist. Aber es gibt auch einige Texte, die nicht in allen Handschriften zu finden sind. Die Frage ist dann: ist dieser Text ein Teil des Wortes Gottes, oder wurde er, vielleicht ursprünglich als eine Glosse, fälschlich in den Text hineinkopiert?

Markus 16:9-20

Wir wollen gleich zu Beginn den Text untersuchen, der vielleicht am schwerwiegendsten ist. Es sind die letzten Verse des Evangeliums nach Markus (16:9-20). Wir lesen darin i.a.:

”Gehet hin in alle Welt und verkündigt die Heilsbotschaft der ganzen Schöpfung! Wer da gläubig geworden ist und sich hat taufen lassen, wird gerettet werden; wer aber ungläubig geblieben ist, wird verurteilt werden. Denen aber, die zum Glauben gekommen sind, werden diese Wunderzeichen folgen: In meinem Namen werden sie böse Geister austreiben, in neuen Zungen reden, werden Schlangen aufheben, und wenn sie etwas Todbringendes trinken, wird es ihnen nicht schaden; Kranken werden sie die Hände auflegen, und sie werden gesund werden. Nachdem nun der Herr Jesu zu ihnen geredet hatte, wurde er in den Himmel emporgehoben und setzte sich zur Rechten Gottes. Sie aber zogen aus und predigten überall, wobei der Herr mitwirkte und das Wort durch die Zeichen bestätigte, die dabei geschahen.”

Dieser Text ist in vielen Ausgaben der Bibel mit einer Fussnote versehen die in unterschiedlichen Formulierungen folgendes aussagt: ”Die zwei zuverlässigsten alten Manuskripte enthalten Markus 16:9-20 nicht”.

Wir stimmen alle zu, dass dieser Text eine sehr wichtige Aussage enthält. Müssen wir ihn nun als versehentlichen Einschub oder als Offenbarung von Gott einstufen? Zunächst stellen wir fest, dass inhaltlich, wenn auch mit anderen Worten, der sogenannte Missionsauftrag Jesu auch im Evangelium nach Matthäus niedergeschrieben ist. Somit wird zumindest diese Aussage anderswo bestätigt.

Dann stellt sich die Frage: was sind die ältesten Textzeugen? Man meint damit die Codices Sinaiticus und Vaticanus, beide aus dem 4. Jahrhundert. Beide sind, wie schon festgestellt, fast komplette Bibeln mit zuverlässigem Text. Aber sie sind nicht die ältesten Schriften. Die ältesten bekannten Manuskripte sind Teile der Peschitta und der alte syrische Text, der durch die Curetonische Handschrift belegt ist. Wie bei allen alten Handschriften, variieren die Datierungen, die man den Schriften zuweist. Die beiden genannten “gehören zweifelsohne in eine sehr frühe Periode. Die jüngste Beurteilung verweist sie in eine Zeit weit vor der des Sinaiticus und Vaticanus” (Cook’s Commentary of the Bible 1878, London). Interessant in diesem Zusammenhang ist die berechtigte Annahme, das der Codex Vaticanus als Vorlage für den Sinaiticus diente, und, zumindest teilweise, vom selben Kopierer geschrieben wurde. Der Text des Vaticanus weist nach Kapitel 16:8 eine Leerstelle auf, die der Länge des umstrittenen Textes entspricht. Warum wohl, wenn der Text nicht vorgelegen hätte? Diese Leerstelle wurde aber nicht in den Text des Sinaiticus übernommen (ebd.). Es liegen Gründe vor anzunehmen, dass im 4. Jahrhundert – zu der Zeit, als die codices kopiert wurden - die Authentizität dieses Textes angezweifelt wurde (Eusebius), und er für eine gewisse Zeitperiode von einigen Kopierern nicht übernommen wurde. Die grosse Mehrzahl der alten Handschriften haben ihn aber beibehalten (inkl. der Mss. Ephraemi, Bezae, Cantabrigensis, die Vulgata und das memphische, sahidische und thebaische Manuskript). Ein überzeugendes Argument für die Echtheit dieser Verse ist auch die Tatsache, dass Justin der Märtyrer den besagten Abschnitt in seinen Schriften wiederholt erwähnte (um das Jahr 150 n. Chr). Das gleiche geschah auch durch seinen jüngeren Zeitgenossen Irenäus. Dieser war ein Schüler des Polykarps von Smyrna und somit ein geistlicher Enkel des Evangelisten Johannes. Dies alles war etwa 200 Jahre vor der Zeit zu der die Codices kopiert wurden. Um die Echtheit dieses Abschnitts zu bestätigen, sollte man neben den alten Handschriften, auch auf das Zeugnis der frühen Kirchenväter zurückgehen.

Auswertend kann man zu keinem anderen Schluss kommen, als dass das Ende des Evangeliums nach Markus, welches als das älteste angesehen wird, authentisch ist.

Johannes 7:53-8:11

Es gibt noch einen zweiten, mehrere Verse umfassenden, neutestamentlichen Text, dessen Authentizität infrage gestellt wird. Er macht allerdings keine so wichtige doktrinäre Aussage, wie der Markustext, sondern beleuchtet eher das Wesen und Handeln Jesu:

“Jesus aber ging zum Ölberg, und frühmorgens kam er wieder in den Tempel, und alles Volk kam zu ihm, und er setzte sich und lehrte sie.

Aber die Schriftgelehrten und Pharisäer brachten eine Frau zu ihm, beim Ehebruch ergriffen, und stellten sie in die Mitte und sprachen zu ihm: ‘Meister, diese Frau ist auf frischer Tat beim Ehebruch ergriffen worden. Mose hat uns im Gesetz geboten, solche Frau zu steinigen. Was sagst du?’

Das sagten sie aber, um ihn zu versuchen, damit sie ihn verklagen könnten.Aber Jesus bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie nun fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: ‘Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie!’

Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde. Als sie aber das hörten, gingen sie weg, einer nach dem andern, die Ältesten zuerst; und Jesus blieb allein mit der Frau, die in der Mitte stand.

Jesus aber richtete sich auf und fragte sie: ‘Wo sind sie Frau? Hat dich niemand verdammt?’ Sie antwortete: ‘Niemand, Herr’. Und Jesus sprach: ‘So verdamme ich dich auch nicht; gehe hin und sündige hinfort nicht mehr!’”

Auch nach diesem Text finden wir den Hinweis, dass der Text nicht in den ältsten Handschriften enthalten sei.

Wie ist nun der Sachverhalt? Inhaltliche und stilistische Merkmale deuten darauf hin, dass dieser Abschnitt nicht aus der Feder des Johannes stammt. Die Verse sind vermutlich eine Einschiebung und könnten vielleicht von Papias, dem Ältesten der Kirche von Hierapolis und Zeitgenossen des Polykarp von Smyrna (geb. 69 n. Chr.), stammen, der wiederum ein Schüler des Evangelisten Johannes war.

Die Tatsache, dass der Text in den Kanon aufgenommen wurde, obwohl man schon in der Frühzeit wusste, dass er nicht von Johannes stammt, kann man als Hinweis auf seine Geschichtlichkeit gelten lassen. Auch inhaltlich reflektiert er das Wesen Jesu.

Die Tatsache, dass dieser Text von der Frühzeit bis jetzt als nicht johanneisch eingeordnet wurde, spricht von der intellektuellen Redlichkeit der Theologen aller Epochen, die all die anderen Texte um so mehr bestätigt.

Wie sollen wir diesen Text nun persönlich einordnen? Er enthält kein Lehrthema, aber beleuchtet Jesu Persönlichkeit, die uns ja aus den Evangelienberichten vertraut ist. Nehmen wir den Text als Teil des Neuen Testamentes an, wird darin nichts hinzugefügt, was nicht schon in anderer Form an anderer Stelle zu finden ist. Es ist ein kontemplativer Text, der unsere Liebe zu Jesus nur vertiefen kann. Wenn wir ihn ablehnen, wird unser Wissen um Gott und seinen Umgang mit den Menschen nicht geringer. Ich bin dankbar für diesen Text, weil er mein Herz viele Male angerührt hat.

Matthäus 17:21

Hier handelt es sich um einen kurzen Satz. Die Jünger Jesu hatten vergeblich versucht, einen bösen Geist aus einem Jungen auszutreiben, was Jesus dann vollzog. “Warum konnten wir es nicht?” fragten die Jünger und Jesus tadelte sie: “Wegen eures Kleinglaubens!” Und in diesem Zusammenhang fügte er den Satz hinzu:

“Diese Art fährt nur aus durch Beten und Fasten”.

Weil dieser Satz (wie auch in Markus 9:29) in einzelnen antiken Handschriften nicht im Text steht, wurde er infrage gestellt, obwohl die grosse Mehrzahl der Manuskripte, auch die sehr alten, diese Worte enthalten.

Wir verstehen und akzeptieren das Anliegen der Textkritiker, die Schrift nicht durch Einschübe zu entstellen. Wir müssen uns andererseits auch bewusst sein, dass ein Text, der authentisch ist, aber ausgelassen wird, das Wort Gottes ebenso verändert. Auf Grund der Vielzahl der alten Dokumente, die den Text enthalten, ist eine Vorsicht kaum geboten.

Als persönliches Zeugnis dazu kann ich sagen, dass wir dieses Wort in der Praxis selbst bestätigt gesehen haben. Das macht diesen Vers für uns unumstösslich authentisch.

1.Johannes 5:7-8

Die Worte: “Drei sind es, die das bezeugen: der Geist und das Wasser und das Blut und die drei stimmen überein”, sind nachweisbar eingeschoben und vermutlich die Texterklärung eines Theologen, die er als Glosse an den Rand des Textes schrieb, und die dann von Kopierern versehentlich mit in den Bibeltext geschrieben wurden. Er gehört eindeutig nicht in die Bibel.

Abgesehen von anderen wirklich unwesentlichen kleinen Einschüben, erschöpft sich hiermit, was man als Änderungen bezeichnen kann.

Außer den zwei Abschnitten von je zwölf Versen und den zwei Einzelversen, gibt es zwar Sätze oder Teilsätze, die man noch als Einschübe oder Auslassungen nennen kann, die aber auf den Inhalt des Textes und seine Bedeutung keinerlei Einfluss haben. Somit machen Problemverse 0,1% der 7959 Verse des Neuen Testaments aus. Bei einem so alten Buch, wie der Bibel - die vor 3500 bis 2000 Jahren entstanden ist, kann man es nur als Wunder ansehen, dass trotz der geschilderten oft widrigen Umstände, so wenige Einschübe hineingefunden haben.

Wir sind dankbar dafür, dass es Gelehrte gab und gibt, die dafür sorgen, dass der Text in unseren Bibeln wirklich der Urschrift entspricht. Wir haben damit die Basis, der Bibel unser volles Vertrauen zu schenken. Wir würden uns wünschen, dass auch Muslime eine Textkritik an ihren Schriften, dem Koran, den Hadithen und der Sirat (biographische Literatur Muhammad’s) anwenden würden.

Widersprüche in der Bibel

Nun sind Einfügungen in der Bibel nicht das einzige Problem, das Muslime und auch andere Kritiker ansprechen. Man redet auch von ‘einer Unzahl von Widersprüchen‘ in der Bibel. Wenn wir nachhaken, welche das wohl seien, wird die Zahl doch etwas bescheidener.

Zahlenunterschiede

Die Mehrzahl der Problemstellen beziehen sich auf unterschiedliche Zahlen oder Namen, die sich auf die gleichen Ereignisse beziehen. Es handelt sich dabei ausnahmslos um Abschreibfehler, die für den Textinhalt ohne Bedeutung sind. Wenn in einer Buchrolle durch das Zusammenrollen und Wiederöffnen Buchstaben abgeschabt und somit unleserlich wurden, kann man diese beim Kopieren eines Wortes aus dem Kontext rekonstruieren, nicht jedoch bei einer Zahl. Die Problemstellen sind folgende:

Nach 2. Chron 36:9 war Joachin acht Jahre alt (s. Jubiläumsbibel), als er zu regieren begannn, und in 2. Könige 24:8 war er 18 Jahre alt.

In 2. Chron 22:2 war Ahasja 42 Jahre als (s. Urtext) als er die Regierung übernahm, und in 2. Könige 8:26 war er 22 Jahre alt.

Ähnliche Fälle können wir finden, wenn wir folgende Stellen vergleichen:

2. Chron 4:5 mit 1. Kön 7:26

2. Chron 14:1; 17:6 mit 1. Kön 15:14; 22:43

2. Chron 9:25 mit 1. Kön 4:26

2. Sam 2424 mit 1. Chron 21:25

2. Sam 8:4 mit 1. Chron 18:4

2. Sam 10:18 mit 1. Chron 19:18

Kein Geschichtsforscher würde daraus schließen, dass Handschriften wegen solcher Abweichungen unzuverlässig oder sogar verfälscht wären. Außerdem hat keiner dieser Fehler irgendeine Auswirkung auf die Botschaft.

Wer versuchte David?

In der Bibel lesen wir:

“Der Zorn des HERRn entbrannte abermals gegen Israel, und er reizte David gegen das Volk und sprach: ‘Geh hin, zähle Israel und Juda!‘ (2.Sam 24,1)

“Satan stellte sich gegen Israel und reizte David, dass er Israel zählen liesse. (1.Chron21,1)

Hier liegt ein scheinbarer Widerspruch vor. Um eine rechte Antwort zu finden, müssen wir weitere Stellen der Bibel konsultieren. Dort heisst es: “Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde, denn Gott…versucht niemand, sondern ein jeder, der versucht wird, wird von seinen eigenen Begierden gereizt…“ (Jak. 1:13).

Weiterhin lesen wir über Hiob, dass Gott ihn bewahrt hatte. Dann aber kam Satan, und der forderte Gott heraus, ihm die Erlaubnis zu geben, Hiob zu versuchen (Hiob 1 und 2). Warum wollte Satan das tun? Hiob war “fromm und rechtschaffen, gottesfürchtig und mied das Böse“ (1:8, 2:3). Satan‘s Herausforderung bestand darin, dass er den Charakter des gläubigen Hiob infrage stellte und Gott konfrontierte: “Meinst du, dass Hiob dich umsonst fürchtet? …Du hast sein Haus und alles …. beschützt. Du hast das Werk seiner Hände gesegnet….Aber strecke deine Hand aus und taste alles an, was er hat, so wird er dir ins Gesicht absagen!“ (1:11). Nun geschah etwas Verblüffendes. Der HERR vertraute Hiob, dass er, auch unter widrigsten Umständen und ohne Vorwarnung, Gott nicht verleugnen würde. Damit vertraute er gleichsam Hiob seine eigene Ehre an. Und er wusste, dass Satan nicht voller Häme zurückkommen würde mit einem: “Siehst du! Ich habe es dir ja gleich gesagt…!“

Was damit gesagt werden soll, ist, dass Satan niemand, auch keinen David oder uns, versuchen kann, ohne Gottes Erlaubnis. Gott benutzt eine Versuchung Satans, die an uns herangetragen wird, als einen Test, in dem wir uns bewähren sollen (Jak. 1:2, 12-15). Satan dagegen, macht aus dem Test eine Versuchung, um uns zu Fall zu bringen. Selbst in den widerwärtigsten Umständen schenkt Gott uns die Gelegenheit, ihn durch unser rechtes Handeln zu verherrlichen. Wir können ihn aber ebenso verraten. Und dessen sollten wir uns immer bewusst sein! Langer Rede kurzer Sinn ist also, dass von den unterschiedlichen Aussagen, wer David nun gereizt hat, die Zählung vorzunehmen, im Kern beide anwendbar sind.

Kann man Gott ‘sehen‘?

Ein weiterer, scheinbarer Widerspruch findet sich in den Aussagen:

“Der Herr aber redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freunde redet“ (2. Mose 33:11).

“Jakob nannte jenen Ort ‘Pniel‘, denn, sagte er, ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen und bin doch am Leben geblieben“ (1. Mose 32:30).

 

“... ich sah den Allherrn auf einem hohen und ragenden Throne sitzen, während seine Säume das Heiligtum füllten“ (Jes 6:1).

Und doch lesen wir anderswo:

“Niemand hat Gott je gesehen“ (Joh 1:18).

“Ihr habt weder seine Stimme jemals gehört, noch seine Gestalt gesehen“ (Joh 5:37).

“Mein Angesicht kannst du nicht schauen; denn kein Mensch, der mich schaut, bleibt am Leben“ (2. Mose 33:20).

Gott ist Geist, und ‘Fleisch‘ kann Geist nicht ‘sehen‘, es sei denn, er offenbart sich in sichtbarer Form (wie in 1 Mose 18:1-2; 32:24-28). In einem solchen Falle sieht der Mensch nicht Gott als solchen, sondern nimmt eine für uns erfassbare Erscheinungsform wahr. Sicher haben wir schon gehört oder gelesen, dass jemand sagte: “Wir sahen darin Gottes Hand!“ Dergleichen wird auch im Koran bestätigt:

“Er offenbarte dir die Schrift, in der viele Verse maßgebend und grundlegend sind; sie sind die Mutter (Grundsäulen) der Schrift; andere, dunkle (vieldeutige) sind bildlich zu nehmen.“ (Sure 3:8).

Es gibt also wörtliche und allegorische Aussagen. Dass es sich bei bei den Begegnungen Gottes mit Jakob, Moses und Jesaja um allegorisches ‘sehen’ handelt, kann man aus einer Erklärung ersehen:

“Durch Glauben verliess er (Moses) Ägypten und fürchtete den Zorn des Königs nicht, denn er hielt sich an den, den er nicht sah, als sähe er ihn.“ (Hebr. 11:27.

Mit den Augen des Glaubens sah er den, den man nicht sehen kann.

Das Geschlechtsregister Jesu

Ein Widerspruch, der uns vielleicht auch schon zu schaffen machte, ist die Tatsache, dass die beiden Geschlechtsregister Jesu in Matthäus 1 und Lukas 3 sehr voneinander abweichen, obwohl sie beide als Endperson Josef anführen, “der Mann der Maria, von der geboren ist Jesus“. Leider haben wir keine zeitgenössischen Hinweise, die eine Erklärung anbieten und sind somit auf unsere eigene Interpretation angewiesen. Eine mögliche Erklärung liegt in dem Hinweis, dass bei Matthäus Jakob als der Vater von Josef genannt wird, und bei Lukas Eli (oder Heli). Da nicht beides zugleich möglich ist, liegt es nahe, dass Eli nicht der Vater, sondern der Schwiegervater Josef’s war. Dann wäre der im Evangelium des Matthäus aufgezeichnete Stammbaum der des Josef und der von Lukas wiedergegebene, der von Maria.

Gesetz oder Gnade?

Und nun noch ein letzter scheinbarer Widerspruch. In einigen Versen des Neuen Testamentes lesen wir, dass man durch das Einhalten des Gesetzes gerettet wird:

“Nicht die Hörer des Gesetzes sind vor Gott gerecht, sondern die Täter des Gesetzes werden gerechtfertig werden.“ (Römer 2:13).

“Ist nicht unser Vater Abraham aus Werken gerechtfertigt worden ... So seht ihr, daß der Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein.“ (Jakobus 2:21 und 24).

Andere Stellen sagen das anders:

“Auf Grund von Gesetzeswerken wird kein Fleisch (Mensch) vor Gott gerechtfertigt werden.“ (Röm 3:20).

“Wir aber wissen, daß der Mensch nicht auf Grund von Gesetzeswerken gerechtfertigt wird, sondern nur durch den Glauben an Christus Jesus“ (Gal 2:16).

Der erste Vers ist aus dem Kontext herausgenommen worden. Darin erklärt Gott, dass alle Menschen vor ihm schuldig gesprochen sind. Die einen, nämlich die, welche ‘unter Gottes Gesetz‘ stehen, und das sind die Juden, sind schuldig, es nicht gehalten zu haben. Und alle anderen Menschen sind schuldig, weil sie Gottes Wort, soweit sie es kennen und das Diktat ihres Gewissen, nicht beachtet haben. Vor Gott ist nur gerecht, wer das göttliche Gesetz, wie Jesus, erfüllt. Niemand kann das von sich behaupten! Gerecht sind, die von Gott gerecht gemacht wurden, das heisst, die Gottes Gnadenangebot angenommen haben.

Der zweite Vers steht ebenfalls in einem Kontext, ohne den er entstellt ist. “Glaube, wenn er ohne Werke ist, ist tot“, heisst es dort, und “durch die Werke ist der Glaube (Abrahams) vollkommen geworden“. Verstehen wir recht: Abraham – und jeder andere Mensch – ist nicht durch Werke gerechtfertigt worden. Die Werke, die dem Glauben folgen, machen ihn glaubwürdig, denn Glaube wirkt immer das Verlangen, gottgemäss zu leben. Der besagte Text schliesst nun mit den Worten ab: “So ist die Schrift erfüllt, die da spricht: ‘Abraham hat Gott geglaubt, und das ist ihm als Gerechtigkeit angerechnet worden“.

’Obszönitäten’ in der Bibel

Wir leben im Alter der sexuellen ‘Befreiung‘. Tabus, die bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wirksam waren, sind passé. Unser Wertesystem hat sich grundlegend geändert. Das Pendel ist auf der gegenüberliegenden Seite von Prüderie angelangt. Nun wollen wir aber keinesfalls für Prüderie eine Lanze brechen, denn Sexualität ist nun einmal ein Teil des normalen Lebens und uns von Gott geschenkt. Darum spricht die Bibel auch offen über dieses Thema.

Christen halten sich, nach dem Neuen Testament, zur Monogamie. Wir müssen allerdings zur Kenntnis nehmen, dass im Gesetz des Alten Testaments Monogamie keine direkte Auflage war. Ehebruch, allerdings, wurde als Treuebruch schon damals streng verurteilt (2. Mose 20:14). Das gleiche trifft auf Ehescheidung zu (Mal. 2:14-16), obwohl Gott an diesem Punkt Zugeständnisse gemacht hatte (5. Mose 24:1-4). Dass dies nie von Gott als Lebensregel gedacht war, wird von Jesus klar herausgestellt. Als ihm die Pharisäer die Fangfrage stellten: “Ist’s erlaubt, dass sich ein Mann aus irgendeinem Grund von seiner Frau scheidet?“, entgegnete er sehr deutlich: “Der im Anfang den Menschen geschaffen hat, schuf sie als Mann und Frau“, was einmal Monogamie voraussetzt, aber ebenso Treue. Als die Pharisäer dann nachhakten, warum denn wohl im Gesetz Scheidung zugelassen wurde, antwortete Jesus: “Mose hat euch erlaubt, euch zu scheiden von euren Frauen, eurer Herzenshärte wegen. Von Anfang an aber ist’s nicht so gewesen!”

Wir finden nun leider viele Berichte aus der alttestamentlichen Zeit, in der gegen den Urplan Gottes gehandelt wurde. Polygamie, Unzucht und Ehebruch wurde auch von denen beganngen, die wir ansonsten als Gottesmänner hoch schätzen: Abraham, Lot und die Unzucht mit seinen eigenen Töchtern, Juda’s Verhältnis mit seiner Schwiegertochter Tamar und auch David’s scheusslicher Ehebruch mit Batseba sind nur eine kleine Auswahl.

Die Tatsache, dass diese Begebenheiten in der Bibel berichtet werden, bezeugt glaubhaft, dass die Juden eine so grosse Hochachtung vor dem geoffenbarten Wort hatten, dass sie es nicht wagten, es zu ‘frisieren‘, obgleich es sehr demütigende und belastende Aussagen über sie selbst und ihre eigenen Vorfahren macht.

Die ‘anstössigsten‘ Aussagen sind jedoch offensichtlich allegorisch gemeint und deuten auf geistlichen Ehebruch hin. Gott stellt sich als der Bräutigam Israels dar und prangert dessen ‘Ehebruch‘ an, den die Israeliten mit anderen Gottheiten trieben. Durch den Propheten Jeremia klagte Gott: “Kehrt um, ihr Ungetreuen, denn ich bin euer Ehepartner …. du (i.e. Israel) hast mit vielen gehurt …. Hast du gesehen, was Israel, die Abtrünnige, tat? Sie ging hin auf alle hohen Berge und unter alle grünen Bäume (i.e. heidnische Kultstätten für andere Götter) und trieb dort Hurerei …..Kehre zurück, du abtrünniges Israel, spricht der HERR, so will ich nicht zornig auf euch blicken, denn ich bin gnädig, spricht der HERR, und ich will nicht ewiglich zürnen.“ (Jer. 3:14, 1, 6, 12).

Durch Hesekiel wurden noch explizitere und schockierende Ausagen gemacht. Gott klagt Israel (Ohola) und Judah (Oholoba) der geistlichen Hurerei an:

“Ohola trieb Hurerei hinter meinem Rücken und entbrannte für ihre Liebhaber, die Assyrer …. sie buhlte mit ihnen …. und machte sich auch unrein mit ihren Götzen. Dazu liess sie auch nicht von ihrer Hurerei mit den Ägyptern, die mit ihr geschlafen hatten …. und ihre jungen Brüste betastet und schlimme Hurerei mit ihr betrieben hatten … Ihre Schwester Oholiba …. entbrannte noch viel mehr…“ (Hes. 23:5-11),

und dann wird beschrieben, wie sie sich an Bildern ergötzte und an Liebhabern, deren Genitalien wie die von Eseln oder Hengsten waren. Und dann verkündigte Gott das Gericht über sie.

Diese Aussagen werden hier und da von Muslimen, missdeutet und als Pornographie oder ‘obszöne Aussagen‘ bezeichnet. Eine sorgsame Auswahl von Versen dieses Kapitels wurde von ein paar Muslimen, ohne allerdings die offensichtlich allegorische Bedeutung ersichtlich zu machen, an die Zensurbehörde von Südafrika gesandt, mit der Bitte, dieses Buch als Pornographie zu verbieten. Dieses wurde dann auch weitläufig publiziert.

Eine ähnliche Kritik erhielt eine Aussage Gottes an Israel:

“Du wirst dich mit einer Frau verloben, aber ein anderer Mann wird bei ihr schlafen« (5 Mose 28:30).

Auch diese Aussage muss im Kontext gesehen werden. Die Kapitel 28-30 zeigen prophetisch die Zukunft Israels auf, einmal wie es kommen würde, wenn Israel Gott treu sein würde, und dann was bei Ungehorsam passieren würde. Diesem Text ist der obige Vers entnommen. Israel war Gott untreu und lud die Flüche auf sich. Die Ironie des Schicksals wollte es, dass Muslime und Muhammed selbst mit dazu beigetragen haben, dass diese Prophetie erfüllt wurde. Alle 600-800 Männer eines jüdischen Stammes in Medina wurden enthauptet und ihre Frauen wurden unter die Muslime als Beute verteilt. Eine der Konkubinen Muhammads war Rihânah, eine jüdische Frau, die er sich bei diesem Anlass als Beute ausgesucht hatte. (Ibn Ishaq: Siratu’r Rasul, Vers 693, S. 466).

Wenn auch die Ausdrucksweise, mit der Israel’s Untreue gegenüber Gott geschildert wird sehr graphisch ist, müssen wir doch die Anschuldigung, dass die Bibel obszön sei, zurückweisen. Die Sprache ist hier ein Ausdrucksmittel, die Ungehaltenheit, den Gram und den Zorn Gottes zu demonstrieren.

Grausamkeiten in der Bibel

Wir sind ja so allerhand an Grausamkeiten gewöhnt. Dafür sorgen schon die Fernsehprogramme. Leider aber auch die Wirklichkeit, denn Genozide sind auch nach dem Holocost der Juden in und um Deutschland nicht nur Vergangenheit. Wir brauchen nur Länder, wie Kambodscha, Burundi oder Indonesien zu nennen, um uns daran zu erinnern. In uns sträubt sich alles gegen solch ein Geschehen, und doch ist es und war es wohl immer eine menschliche Realität.

Wie stellen wir uns angesichts dessen, zu Anordnungen in der Bibel, in denen Gott selbst die Vernichtung aller Kanaaniter anordnet?

“Der HERR, dein Gott, gibt sie vor dir dahin, dass du sie schlägst und du sollst an ihnen den Bann vollstrecken. Du sollst keinen Bund mit ihnen schliessen und keine Gnade gegen sie üben.“ (5.Mose 7:2). “Zerstört alle heiligen Stätten, wo die Nationen, die ihr vertreiben werdet, ihren Göttern gedient haben“ (5. Mose 12:2). “In den Städten dieser Völker …. sollst du nichts leben lassen, was Odem hat“ (5.Mose 20:16).

Was mag wohl den Gott der Liebe veranlasst haben, so etwas zu fordern?

Gott hat die Antwort darauf gegeben und diese auch begründet. Um dies zu verstehen, müssen wir uns nicht nur die mitmenschliche, sindern auch die geistliche Realität in dieser Welt vor Augen halten. Es gibt, metaphorisch gesprochen, Licht und Finsternis. Wo Gott ist, da ist Licht, und wo Satan regiert, mag es zwar auch allerhand Spass geben, aber da ist Finsternis, Leere, Lüge, Gebundenheit und ewige Verlorenheit. Gott ist gütig und hatte von Anbeginn den Plan, alle Menschen, die sich nach ihm sehnen und sich ihm zuwenden, zu befreien. Da Gott aber auch allwissend ist, wusste er auch um den Sog, die Versuchung, dem sein Volk durch Satan und dessen Macht ausgesetzt werden würde, sollte es Kompromisse eingehen. Und da aus seinem Volk der Erlöser der Welt, Jesus, kommen sollte, durfte dieses Volk nicht seine Existenz verlieren.

“Du bist ein heiliges Volk dem HERRn, deinem Gott …. weil er euch geliebt hat! …. Sie (die Kanaaniter) werden mir eure Söhne abtrünnig machen …. Du sollst sie nicht schonen und ihren Göttern nicht dienen, denn das würde dir zum Fallstrick werden. …. Der Herr vertreibt diese Völker vor dir her, wegen ihres gottlosen Treibens …. Du sollst an ihnen den Bann vollstrecken….damit sie euch nicht lehren, all die Greuel zu tun, die sie im Dienst ihrer Götter treiben, und ihr euch versündigt an dem HERRn, eurem Gott!“ (5.Mose 7:6-7,4,16,9:4,20:17-18).

Die Religion der Kanaaniter und der anderen Stämme, war total vom Okkulten bestimmt einschliesslich Tempelprostitution, Menschenopfern und was sonst noch dazu gehört. Es war gelebter Satanismus.

“Fürchtet euch vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle!“ (Matth. 10:28)

warnte auch Jesus. Er war es auch, der die drastischen Worte sprach:

“Wenn dich dein rechtes Auge zum Abfall verführt, so reiss es aus und wirf’s von dir. Es ist besser für dich, dass eins deiner Glieder verderbe und nicht der ganze Leib in die Hölle geworfen werde“ (Matth. 5:28).

Weil Gott nicht will, dass jemand verloren gehe (1. Tim. 2:4), hat er, sicher aus seiner Liebe für alle, die ihn lieben und ihm nachfolgen, bestimmt, dass alle Verführer in der geschilderten Situation vernichtet würden.

Die Israeliten haben Gottes Befehl nicht gehorcht, und das wurde ihnen für Jahrhunderte zum Verhängnis.

Die Frage, die sich hier stellt, ist, wie grausam jemand ist, der eine Schlange oder Hyäne erschiesst, um sein eigenes Kind davor zu retten? Und, wie grausam ist Gott, wenn er dem Bösen auf seine Weise Einhalt gebietet?

Die falsche Naherwartung der Wiederkunft Jesu

Als die Zeit Jesu auf Erden sich dem Ende näherte, sprach er nicht nur von seinem bevorstehenden Opfertod für uns am Kreuz, sondern auch über seine Wiederkunft:

“Wenn ich hingehe euch eine Stätte zu bereiten, so komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen, damit auch ihr seid, wo ich bin…Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen; ich komme zu euch“ (Joh. 14:2,18).

Auch die Muslime erwarten die Wiederkehr Jesu zum Weltgericht. Doch wann?

Kritiker, und auch hier sind Muslime eingeschlossen, fragen, ob sich die Bibel nicht mit einer baldigen Rückerwartung nicht geirrt hat. Offensichtlich haben die Zeitgenossen der Apostel damit gerechnet, dass Jesus noch zu ihren Lebzeiten zurückkommen würde. Petrus berichtet von Spöttern, die sagten:

“Wo bleibt die Verheissung seines Kommens?“

Die Erklärung wird dann aber auch gegeben:

“Der HERR verzögert nicht die Verheissung, wie es einige für eine Verzögerung halten; sondern Gott hat Geduld mit euch und will nicht, dass jemand verloren werde, sondern dass jedermann zur Busse finde…. (2. Petrus 3:9,8).

Wie mag es wohl zu der Früherwartung gekommen sein? Vielleicht aus der Abschiedsrede Jesu (Markus 13:24-30). In ihr spricht er vom Ende dieser Weltzeit mit dem Höhepunkt seiner Wiederkehr. Dann erläutert er den Zeitpunkt dieses Ereignisses an einem Bild:

“An dem Feigenbaum aber lernt ein Gleichnis: Wenn seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, so wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. Ebenso auch: wenn ihr sehr, dass dies geschieht, so wisst ihr, dass er nahe vor der Tür ist. Wahrlich ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschieht….Von dem Tage aber und der Stunde weiss niemand…Seht euch vor, wachet! denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist.“

Hier müssen wir etwas biblische Symbolik einblenden. Der Feigenbaum deutet in der Bibel immer wieder auf Israel hin. Jeder, der die Schrift etwas kennt, weiss darum. Zur Zeit Jesu und danach war der ’Feigenbaum‘ vertrocknet. Seit 1948 ist Israel wieder ein Staat, ob das nun gern gesehen wird oder nicht. Die Zweige werden saftig und treiben Blätter…

Aus 2 Petrus 3:8 (in Anlehnung an Ps. 90:4) geht dazu noch hervor, dass “ein Tag vor dem Herrn ist wie 1000 Jahre und 1000 Jahre wie ein Tag.“. Hier wird uns Gottes Verständnis von Zeit vor Augen geführt. Der Koran formuliert es ähnlich:

“Gott wird nicht brechen, was er versprochen hat (aber er hat ein anderes Zeitmaß wie die Menschen). Ein Tag ist bei deinem Herrn wie bei eurer Berechnung 1000 Jahre. Die Engel und der Geist steigen auf der Himmelsleiter zu ihm auf in einem Tag, dessen Ausmaß nach menschlicher Berechnung 50 000 Jahre sind“. (Sure 22,47 und Sure 70,4).

Auch in den Gleichnissen, fördert Jesus keine Naherwartung. Indem er von sich selbst und seiner ‘Reise‘ spricht, heisst es, dass er nach langer Zeit zurückkehrte (Matth. 25:19). Auch der ‘Bräutigam‘, auf den die fünf klugen und die fünf törichten Jungfrauen warteten, blieb lange aus (Matth. 25:5).

Das Christentum hat seinen Ursprung nicht in Jesus, sondern Paulus

Die These, dass nicht Jesus der Urheber des Christentums ist, sondern Paulus, ist nicht neu. Sie stammt aus der Feder eines liberalen Theologen des 19. Jahrhunderts in Tübingen, Ferdinand Christian Baur. Andere griffen diese These auf, und dann begannnen auch Muslime dieses Argument zu gebrauchen.

Die Befürworter dieser These gehen davon aus, dass die Lehre Jesu in den Evangelien und die des Paulus in seinen Briefen nicht miteinander korrespondieren.

Muslime sagen uns nun, und das basiert, wie schon gesagt, auf liberal-theologischen Thesen, dass Paulus die Lehren Jesu umfunktioniert und erweitert hat und diese nun die Basis des christlichen Glaubens geworden sind, was immer damit gesagt werden will.

Wir können unter keinen Umständen annehmen, dass die vier schriftlich fixierten Evangelien von Paulus hätten ’frisiert’ werden können. Einmal waren sie von Anfang an allen Gliedern der frühen Gemeinden bekannt und somit wäre, wie wir schon bedachten, die Zustimmung aller notwendig gewesen, um eine Änderung vornehmen zu können. Dazu käme die Frage, warum überhaupt jemand eine Änderung gewollt hätte.

Da die Daten im Leben des Paulus errechnet werden können, können wir annehmen, dass er sich im Jahre 37 oder 38 bekehrte. Danach verbrachte er drei Jahre in Arabien und Damaskus. Seine erste Begegnung mit den Jüngern Jesus’ in Jerusalem war demzufolge im Jahre 40 oder 41. Dann verbrachte Paulus zwei oder drei Jahre in Tarsus, seiner Heimatstadt in Kleinasien und ein Jahr in Antiochien. Seine eigentliche missionarische Tätigkeit nahm er also nicht vor dem Jahre 44 auf – 14 Jahre nach dem Tode Jesu.

Zu der Zeit war die Gemeinde schon arrangiert und es existierte ein Ältestenrat. Hätte Paulus dann versucht, die Lehren Jesu und der Apostel (Apg. 2:42) umzudeuten oder sie gar neu zu prägen, hätte er nicht mit der Kooperation der Apostel rechnen können. Aber die Situation war umgekeht: ”…da sie nun sahen, dass mir anvertraut war das Evangelium an die Nationen (Nichtjuden)…. und sie die Gnade erkannten, die mir gegeben war, gaben Jakobus und Kephas (Petrus) und Johannes, die als Säulen angesehen werden, mir und Barnabas die rechte Hand und wurden mit uns eins…” (Gal. 2:7,9). Wäre das wohl passiert, wenn Paulus mit sektiererischen Lehren gekommen wäre?

Aber nehmen wir einmal an, Paulus hätte danach sektiererische Lehren verbreitet, mit denen die Apostel nicht einverstanden gewesen wären, dann hätte das ohne weiteres korrigiert werden können. Zumindest Johannes überlebte Paulus über 30 Jahre, und Petrus lebte etwa ebenso lange, wie Paulus. Darüberhinaus genoss Johannes grossen Einfluss in Kleinasien und Petrus in Rom.

Abgesehen davon, können wir auch keine doktrinären Unterschiede zwischen den Aussagen des Paulus und denen des Johannes oder Petrus feststellen. Dieser schrieb kurz vor seinem Tode im Hinblick auf den kommenden neuen Himmel und eine neue Erde: ”Darum, meine Lieben, während ihr darauf wartet, seid bemüht, dass ihr vor ihm unbefleckt und untadelig im Frieden befunden werdet, und die Geduld unseres HERRn erachtet für eure Rettung, wie auch unser lieber Bruder Paulus nach der Weisheit, die ihm gegeben ist, euch geschrieben hat.” (2. Petrus 3:14-15).