26.1 Der Anfang der Krankheit Muhammads (Juni 632 n.Chr.)

Während die Leute unterwegs waren, zeigte sich die Krankheit, durch die Allah den Gesandten nach seiner Barmherzigkeit wegnahm. Es war in den letzten Tagen des Safar (2. Monat) bzw. in den ersten Tagen des Rabi'a al-Awwal (3. Monat des Jahres 11 nach der Hidjra). Mitten in der Nacht ging Muhammad nach Baqi al-Gharqad und erflehte für die dort Begrabenen Allahs Gnade. Dann kehrte er wieder zu seiner Familie zurück. Seit dieser Nacht war er krank.

Abu Muwaihiba, ein Freigelassener Muhammads erzählt: “Muhammad weckte mich mitten in der Nacht und sagte: ‘Es ist mir befohlen worden, für die Leute dieses Begräbnisplatzes zu beten. Komm mit mir!’ Ich ging mit ihm, und als er in ihrer Mitte stand, sagte er: ‘Friede sei über euch, ihr Bewohner dieser Gräber! Euer Zustand wird besser sein als der der anderen Menschen. Versuchungen als Vorzeichen des Jüngsten Tages werden wie Teile einer finsteren Nacht kommen. Eine wird auf die andere folgen und die letzte wird schlimmer sein als die erste!’ Dann wandte er sich zu mir und sagte: ,O Muwaihiba! Mir ist die Wahl gelassen worden zwischen dem Schlüssel zu den Schätzen der Erde und dem Schlüssel zum Paradies. Ich habe letzteres gewählt.’ Er betete dann für die Bewohner der Gräber, ging weg, und die Krankheit begann, an der er starb.”

Aischa, die Gattin Muhammads, erzählt: “Als Muhammad vom Begräbnisplatz zurückkam, hatte ich Kopfschmerzen und schrie: ,O weh, mein Kopf!’ Er rief: ’Nein, mein Kopf!’ Dann sagte er: ’Was würde es dir schaden, wenn du vor mir sterben solltest und ich dich in das Totengewand legte, für dich betete und dich beerdigte?’ Ich antwortete: ‘Bei Allah, mir ist, wenn du dies tun würdest, als sähe ich dich in meine Wohnung zurückkehren und dich mit einer anderen Frau darin verloben.’ Muhammad lächelte.1 Obwohl die Krankheit immer schlimmer wurde, machte er noch die Runde2 bei seinen Frauen, bis das Übel sehr heftig wurde. Da befand er sich gerade in der Wohnung Maimunas. Nun ließ er alle seine Frauen rufen und bat um ihre Erlaubnis, in meiner Wohnung die Zeit der Krankheit zuzubringen, und sie wurde ihm erteilt.”

26.2 Muhammads Gattinnen – die Mütter der Gläubigen

Muhammad hatte neun Frauen: Aischa, die Tochter Abu Bakrs; Hafsa, die Tochter Umars; Umm Habiba, die Tochter Abu Sufyans ibn Harb; Umm Salama, die Tochter des Abu Umaiyya ibn al-Mughira; Sauda, die Tochter des Zama'a ibn Qays; Zainab, die Tochter Djahschs ibn Riab; Maimuna, die Tochter des Harith ibn Hazn; Djuwairiyya, die Tochter des Harith ibn Abi Dhirar und Safiyya, die Tochter des Huyay ibn Akhtab.

Insgesamt hat Muhammad 13 Frauen geheiratet:3 Die erste war Khadija, die ihm ihr Vater Khuwailid ibn Asad antraute, und der er zehn junge Kamele als Morgengabe schenkte. Khadija war es auch, die ihm – bis auf Ibrahim – alle Kinder geboren hat. Khadijas Gatte zuvor war Abu Hala ibn Malik von den Banu Usayd ibn Amr ibn Tamim, ein Schutzgenosse der Banu Abd al-Dar. Khadija gebar ihm Hind und Zainab. Vor Abu Hala hatte sie 'Utayyiq ibn 'Aabid zum Gatten, dem sie Abd Allah und Djariyya gebar.

Muhammad verlobte sich mit Aischa in Mekka, als sie sieben Jahre alt war und vollzog die Ehe in Medina, als sie neun Jahre alt war.4 Außer ihr hat er keine Jungfrau geheiratet. Ihr Vater (Abu Bakr) gab sie ihm zur Frau. Die Morgengabe betrug 400 Dirham.

Sauda erhielt Muhammad von Salit ibn Amr. Nach anderen Berichten von Abu Hatib ibn Amr Abd Schams ibn Abd Wudd. Ihre Morgengabe betrug ebenfalls 400 Dirham.

Zainabs Vormund war ihr Bruder Abu Ahmad ibn Djahsch. Auch sie erhielt 400 Dirham als Morgengabe. Ihr erster Gatte war Zaid ibn Haritha, der Freigelassene Muhammads (und sein Adoptivsohn). Über sie offenbarte Allah: “... Als Zaid sein Vorhaben an ihr vollbracht hatte, gaben wir sie dir zur Frau ...” (Sure al-Ahzab 33,37).

Umm Salama, die Hind hieß, empfing Muhammad aus der Hand ihres Sohnes Salama ibn Abi Salama. Ihre Morgengabe war ein Bett, gefüllt mit Palmfasern, ein Becher, eine Schüssel und eine Mühle. Ihr erster Gatte war Abu Salama Abd Allah ibn Abd al-Asad. Ihm gebar sie Salama, Umar, Zainab und Ruqayya.

Hafsa erhielt Muhammad von ihrem Vater Umar. Ihre Morgengabe betrug 400 Dirham. Ihr erster Gatte hieß Khunais ibn Hudhaafa al-Sahmi.

Umm Habiba, die Ramla hieß, gab ihm Khalid ibn Sa'id ibn al-'As zur Frau. Mit Khalid war sie in Abessinien, und der Nadjaschi gab ihr an Muhammads Stelle 400 Dirham als Morgengabe. Auch hatte er für Muhammad um sie geworben. Ihr erster Gatte war 'Ubaid Allah ibn Djahsch al-Asadi.

Djuwairiyya befand sich unter den Gefangenen der Banu al-Mustaliq von Khuza'a. Sie fiel Thabit ibn Qays ibn al-Schammas zu, der einen Loskaufvertrag mit ihr schloß. Als sie zu Muhammad kam und ihn bat, ihr beim Loskauf behilflich zu sein, fragte er sie: “Willst du etwas Besseres?” Sie fragte zurück: “Was denn?” Er erwiderte: “Ich will dich loskaufen und heiraten.” Sie willigte ein. Muhammad warb dann um sie bei ihrem Vater. Er gab sie ihm zur Frau, und ihre Morgengabe betrug 400 Dirham. Ihr erster Gatte war ihr Vetter Abd Allah.

Safiyya war eine jüdische Gefangene von Khaybar, die Muhammad für sich wählte. Beim Hochzeitsmahl hatte Muhammad weder Fleisch noch Fett. Es bestand aus Brei und Datteln. Ihr erster Gatte war Kinana ibn Rabi'a ibn Abi al-Huqaiq.

Maimuna erhielt Muhammad aus der Hand seines Onkels al-'Abbas zur Frau, der für ihn eine Morgengabe von 400 Dirham spendete. Ihr erster Gatte war Abu Ruhm ibn Abd al-'Uzza. Nach anderen Berichten gab sie sich selbst Muhammad. Er warb nämlich um sie, als sie auf ihrem Kamel saß. Da sagte sie: “Das Kamel und was darauf ist, gehört Allah und seinem Gesandten!” Darüber offenbarte Allah: “... Wenn eine gläubige Frau sich dem Propheten schenkt ...” (Sure al-Ahzab 33,50).5 Nach anderen Aussagen war es Zainab, die sich dem Propheten schenkte, nach anderen Umm Scharik Ghaziyya, die Tochter des Dja'bir ibn Wahb.

Zainab, die wegen ihrer Mildtätigkeit “Mutter der Armen” genannt wurde, erhielt Muhammad von Qabisa ibn Amr al-Hilali zur Frau. Muhammads Morgengabe betrug 400 Dirham. Ihr zweiter Gatte war Ubaida ibn al-Harith ibn al-Muttalib und ihr erster ihr Vetter Djahm ibn Amr ibn al-Harith.

Mit diesen elf Frauen hat Muhammad die Ehe vollzogen. Zwei von ihnen, nämlich Khadija und Zainab, starben vor Muhammad und neun überlebten ihn. Mit zwei anderen Frauen vollzog er die Ehe nicht – mit Asma, der Tochter Nu'mans vom Stamme Kinda, an der er einen Aussatz fand, weshalb er sie mit der ihr gebührenden Gabe ihrer Familie zurücksandte, und mit Amra, Tochter Yazids, vom Stamme Kilab, die erst vor kurzem gläubig geworden war, und als sie zu Muhammad kam, (vor ihm) ihre Zuflucht zu Allah nahm. Da sagte er: “Wer zu Allah seine Zuflucht nimmt, ist geschützt!” Er sandte sie zu ihrer Familie zurück.

Unter den Frauen Muhammads waren sechs Quraischitinnen: Khadija, Aischa, Hafsa, Umm Habiba, Umm Salama und Sauda. Sieben weitere stammen von den Beduinenstämmen oder von fremden Gruppen: Zainab (die Tochter Djahschs), Maimuna, Zainab (die Tochter Khuzaimas), Djuwairiyya, Asma' und Amra. Safiyya war keine Beduinin (sondern Jüdin), sie war von den Banu al-Nadir.

26.3 Muhammad in der Wohnung Aischas

Aischa erzählt: “Muhammad trat, von zwei Männern aus seiner Familie geführt, in meine Wohnung. Der eine war al-Fadl ibn 'Abbas. Muhammad hatte ein Tuch um den Kopf gewunden, und seine Beine waren schwach.” Ubaid Allah berichtet: “Als ich diese Überlieferung Abd Allah ibn al-'Abbas mitteilte, fragte er: ,Weißt du, wer der andere war?’ Ich sagte: ,Nein!’ Da sagte er: ‘Es war Ali.’” Muhammad wurde schließlich ohnmächtig. Die Krankheit wurde schlimmer. Später befahl er: “Gießt sieben Schläuche mit kaltem Brunnenwasser über mich, damit ich zum Volk hinaustrete und ihm meinen letzten Willen kundtun kann.” Wir setzten ihn in eine Wanne, die Hafsa gehörte und gossen Wasser über ihn, bis er rief: “Genug! Genug!”

Muhammad ging dann mit umwundenem Haupt hinaus und setzte sich auf die Kanzel. Er begann mit einem langen Gebet für die Gefährten von Uhud, für die er Allahs Gnade erflehte.6

Dann sagte er: “Allah hat einem seiner Diener die Wahl gelassen zwischen dieser Welt und der zukünftigen, und sein Diener hat Allahs Nähe gewählt!”7

Abu Bakr verstand den Sinn und wußte, daß Muhammad sich selbst damit gemeint hatte. Deshalb weinte er und sagte: “Wir geben gern uns selbst und unsere Kinder für dich hin!” Muhammad antwortete: “Nur sachte, Abu Bakr!” Dann fuhr er fort: “Seht die Türen, die zur Moschee führen. Verschließt sie alle bis auf die eine, die zu Abu Bakrs Wohnung führt; denn unter allen meinen Gefährten steht mir keiner näher als er.”8

26.4 Muhammad befiehlt die Sendung Usamas ibn Zaid (Juni 632 n.Chr.)

Muhammad hatte in den Tagen seiner Krankheit bemerkt, daß die Leute mit der Sendung von Usama ibn Zaid nicht einverstanden waren. Etliche murrten: “Er hat einen jungen Mann über die ehrwürdigsten Auswanderer und Hilfsgenossen gesetzt!” Muhammad trat daher mit umwundenem Haupt aus Aischas Wohnung, setzte sich auf die Kanzel und sagte (nachdem er Allah in gebührender Weise gelobt und gepriesen hatte): “O ihr Leute! Vollzieht die Sendung Usamas! Bei meinem Leben, wenn ihr etwas gegen seine Führerschaft einzuwenden habt, so stellt ihr euch auch gegen die seines Vaters. Er ist ihrer würdig, wie sein Vater würdig war.” Als Muhammad die Kanzel verließ, verschlimmerte sich seine Krankheit. Usama zog mit seinem Heer aus der Stadt und schlug sein Lager in Djuraf auf, das drei Meilen von der Stadt entfernt liegt. Die Leute scharten sich um ihn. Da Muhammad jedoch sehr krank war, blieb Usama mit seinen Leuten im Lager. Er wollte abwarten, was Allah über seinen Gesandten beschließen werde.

26.5 Muhammad empfiehlt die Hilfsgenossen

Es wird berichtet, Muhammad habe an dem Tage, als er für die Gefährten von Uhud betete, unter anderem noch gesagt: “O ihr Auswanderer, behandelt die Hilfsgenossen gut!9

Andere Leute vermehren sich, aber die Hilfsgenossen bleiben, wie sie sind; sie nehmen nicht zu. Sie waren der Bergungsort, zu dem ich mich gewandt habe. Seid gütig gegen die, die freundlich gegen sie sind und bestraft alle, die ihnen unfreundlich begegnen.” Danach verließ Muhammad die Kanzel. Seine Leiden wurde so schlimm, daß er ohnmächtig wurde.

26.6 Wie man Muhammad Medizin einflößte

Abd Allah berichtet: “Einige seiner Frauen kamen zu ihm – Umm Salama, Maimuna und andere, unter ihnen auch Asma, die Tochter des Unais, sowie sein Onkel 'Abbas. Sie kamen überein, ihm Medizin einzuflößen. 'Abbas erbot sich, es zu tun, was auch geschah. Als Muhammad wieder zu sich kam, fragte er: ,Wer hat mir dies angetan?’ Man antwortete: ‘Dein Onkel.’ Da sagte er: ‘Diese Arznei haben Frauen aus jenem Lande mitgebracht.’ Er deutete dabei in Richtung Abessinien. ,Weshalb habt ihr das getan?’ 'Abbas antwortete. ,Wir fürchteten, du würdest an Pleuritis leiden.’ Da sagte er: ‘Das ist eine Krankheit, die mir Allah nicht geschickt hat. Nun soll jeder, der in diesem Hause ist, von dieser Medizin nehmen, mein Onkel ausgenommen.’ Dies geschah selbst bei Maimuna, die fastete. Muhammad hatte nämlich geschworen, es müsse geschehen, zur Strafe dafür, daß sie ihm die Arznei verabreicht hatten.”10

26.7 Abu Bakr betet der Gemeinde vor

Aischa sagte: “Als Muhammad schwer erkrankt war, befahl er, Abu Bakr solle vorbeten. Ich erwiderte: ,Abu Bakr ist ein zarter Mann. Er hat eine schwache Stimme und weint viel, wenn er den Qur’an liest.’ Muhammad wiederholte jedoch seinen Befehl. Als ich ebenfalls meine Worte wiederholte, antwortete er: ,Ihr seid wie die Gefährtinnen Josephs! Befehlt ihm vorzubeten!’ Bei Allah, ich hatte diese Einwände vorgebracht, um solches von meinem Vater abzuwenden. Ich wußte wohl, daß man nie einen Mann lieben würde, der Muhammads Stelle einnimmt, und daß man ihm jeden unliebsamen Vorfall anlasten würde.”11

Abd Allah ibn Zam'a erzählt: “Als Muhammad schwer erkrankte, war ich mit anderen Moslems bei ihm. Bilal rief ihn zum Gebet, und er sagte: ,Laßt einen andern vorbeten!’ Ich ging hinaus und begegnete Umar12 unter den Leuten (Abu Bakr war nicht anwesend) und sagte zu ihm: ,Mache dich auf und bete der Gemeinde vor!’ Umar erhob sich, und als er rief: ,Allah ist groß!’ vernahm Muhammad seine kräftige Stimme und fragte: ,Wo ist Abu Bakr? Das will Allah nicht, und das wollen die Moslems auch nicht.’ Man ließ dann Abu Bakr holen. Er kam, nachdem Umar bereits mit dem Vorbeten angefangen hatte. Dann setzte er das Gebet fort. Umar sagte zu mir (so erzählt Abd Allah): ,Wehe dir! Was hast du mir angetan! Bei Allah, als du mich zum Vorbeten riefest, glaubte ich, du hättest dies auf Geheiß Muhammads getan. Sonst hätte ich nicht vorgebetet.’ Ich antwortete: ‘Bei Allah, Muhammad hatte es mir nicht befohlen. Als ich dich jedoch sah und Abu Bakr vermißte, fand ich dich unter den Anwesenden am würdigsten.’”

26.8 Muhammads Todestag (8. Juni 632 n.Chr. = 13.3.11 nach der Hidjra)

Es war ein Montag, an dem Muhammad starb. Er ging an diesem Tag noch zum Morgengebet hinaus. Man hob ihm den Vorhang und öffnete die Tür, und er blieb an der Tür der Wohnung Aischas stehen. Die Moslems waren vor Freude über Muhammads Erscheinen versucht, ihr Gebet zu unterbrechen. Muhammad gab ihnen einen Wink, beim Gebet zu bleiben. Er freute sich, sie in ihrer Gebetshaltung zu sehen. Bei Allah, Muhammad erschien mir nie schöner als an diesem Tag. Er ging dann in Aischas Wohnung zurück. Die Leute entfernten sich in der Annahme, sein Zustand habe sich gebessert. Abu Bakr begab sich sogar zu seiner Familie nach Sunh.

Abu Mulaika hat mir berichtet: “Am Montag in der Frühe trat Muhammad mit verbundenem Kopf heraus, und Abu Bakr betete vor. Die Leute freuten sich sehr, und da Abu Bakr wußte, daß dies nur wegen Muhammad war, hielt er mit dem Vorbeten inne. Aber Muhammad stieß ihm in den Rücken und mahnte: ‘Bete weiter vor!’ Er setzte sich neben Abu Bakr und betete zu seiner Rechten. Als das Gebet zu Ende war, wandte er sich der Gemeinde zu und sagte so laut, daß seine Stimme sogar nach draußen drang: ,O ihr Leute! Das Feuer ist angezündet, und es kommen Versuchungen wie Teile einer finsteren Nacht, aber, bei Allah, ihr könnt mir keinen Vorwurf machen. Ich habe nur erlaubt, was der Qur’an erlaubt und verboten, was der Qur’an verbietet.’13

Als Muhammad aufhörte zu sprechen, sagte Abu Bakr zu ihm: ,O Prophet Allahs! Ich sehe, daß du heute morgen durch Allahs Güte dich wohl befindest. Heute ist der Tag der Tochter Kharidjas. Soll ich sie besuchen?’ Muhammad antwortete mit ,Ja’. Er ging dann wieder in seine Wohnung, und Abu Bakr begab sich zu seiner Familie nach Sunh.”

Zuhri berichtet von Abd Allah ibn Ka'b ibn Malik, Abd Allah ibn 'Abbas habe erzählt: “Ali14 trat an jenem Tage unter die Leute, nachdem er Muhammad verlassen hatte. Als man ihn nach dem Befinden des Gesandten Allahs fragte, antwortete er: ‘Es geht ihm gottlob besser!’ 'Abbas ergriff jedoch seine Hand und sagte: ,O Ali, bei Allah, in drei Tagen bist du der Diener der Gemeinde. Ich sehe den Tod in Muhammads Gesicht, wie ich ihn im Gesicht der Söhne Abd al-Muttalibs beobachtet habe. Komm mit mir, wir gehen zu Muhammad. Wir wollen sehen, ob die Herrschaft uns zugeteilt wird. Wenn nicht, wollen wir ihn ersuchen, uns den Leuten zu empfehlen!’ Ali erwiderte: ‘Bei Allah, das tue ich nicht. Ist uns die Herrschaft versagt, so wird sie uns niemand nach ihm verleihen!’ Muhammad starb am selben Tage, als die Sonne hoch am Himmel stand.”

26.9 Muhammad reinigt vor seinem Tode die Zähne

Aischa berichtet: “Als Muhammad an jenem Tage aus der Moschee zurückkehrte, legte er sich auf meinen Schoß. Da kam ein Mann aus dem Geschlecht Abu Bakrs herein. Er hatte einen frischen Zahnstocher in seiner Hand. Muhammad sah in einer bestimmten Weise nach seiner Hand, daß ich merkte, er wollte den Zahnstocher haben. Ich fragte ihn, ob ich ihn ihm geben solle. Er antwortete: ,Ja’. Ich nahm ihn, kaute auf ihm herum, bis er weich geworden war und gab ihm den Zahnstocher. Er reinigte seine Zähne sorgfältiger denn je und legte ihn dann wieder hin. Ich fand, daß er immer schwerer in meinem Schoß wurde. Als ich ihm ins Gesicht sah, war sein Blick nach oben gerichtet. Er sagte: ,Nein, den oberen Gefährten im Paradies.’ Ich antwortete: ‘Dir ist die Wahl gelassen worden, und du hast gewählt.’ Hierauf verschied der Gesandte Allahs.

Aischa sagte: “Muhammad starb zwischen meiner Lunge und meinem Hals (an meiner Brust). Ich habe betreffs seiner niemand Unrecht getan. Infolge meiner Unüberlegtheit und Jugend verschied Muhammad in meinem Schoße. Dann legte ich sein Haupt auf ein Kissen, stand auf und schlug mir mit anderen Frauen ins Gesicht und auf die Brust.15

26.10 Was Umar nach dem Tode Muhammads sagte

Als Muhammad starb, erhob sich Umar und sagte: “Einige Heuchler behaupten, Muhammad sei gestorben. Aber bei Allah, Muhammad ist nicht gestorben, sondern er ist zu seinem Herrn gegangen, wie Mose, der Sohn Imrans, der vierzig Tage von seinem Volke fern geblieben und dann wieder zurückgekehrt ist, nachdem man ihn schon für tot erklärt hatte. Bei Allah, der Gesandte Allahs wird auch wie Mose zurückkehren und denen, die ihn für tot erklärt haben, Hände und Füße abschneiden.”

Abu Bakr trat, als er von der Rede Umars Kunde erhielt, bis vor die Tür der Moschee, während Umar noch zum Volk redete. Aber Umar beachtete es nicht, bis er in die Wohnung Aischas trat. Muhammad lag mit einem gestreiften Mantel zugedeckt in einer Ecke des Zimmers. Abu Bakr trat zu ihm, deckte sein Gesicht auf, küßte es und sagte: “Du bist mir teurer als Vater und Mutter. Du hast nun den Tod gekostet, den Allah über dich verhängt hat. Nach diesem Tode wirst du unsterblich sein!” Er deckte dann sein Gesicht wieder mit dem Mantel zu, trat heraus und sagte zu dem noch immer sprechenden Umar: “Nur sachte, Umar, höre mich an!” Umar aber ließ sich nicht unterbrechen, sondern fuhr mit seiner Rede fort. Als Abu Bakr sah, daß er nicht schweigen wollte, richtete er sich direkt an das Volk. Als man sein Wort vernahm, wandte man sich ihm zu und verließ Umar.

Abu Bakr lobte Allah und sagte dann: “O ihr Leute! Wer Muhammad angebetet hat, der wisse, daß er gestorben ist. Wer aber Allah anbetet, nun, der lebt noch und wird nie sterben!” Dann las er folgenden Vers vor: “Muhammad ist nur ein Gesandter, schon vor ihm sind andere Gesandte gestorben. Wollt ihr euch auf euren Fersen umdrehen, wenn er stirbt oder getötet wird? Wer dies tut, fügt Allah keinen Schaden zu, aber Allah belohnt die Dankbaren” (Sure Al 'Imran 3,144). Und bei Allah, es war, als hätten die Leute von der Offenbarung dieses Verses nichts gewußt, bis ihn Abu Bakr an jenem Tage vorlas. Die Leute nahmen ihn von Abu Bakr an und führten ihn fortan im Munde.

Abu Huraira berichtet: “Umar sagte: ‘Bei Allah, sobald ich hörte, wie Abu Bakr diesen Vers las, war ich ganz zerknirscht, so daß meine Füße mich nicht mehr tragen konnten und ich umfiel. Ich erkannte nun, daß der Gesandte Allahs tatsächlich gestorben war.’”16

26.11 Was sich im Vorhof der Banu Sa'ida ereignete

Als Muhammad verstorben war, versammelte sich dieser Stamm der Hilfsgenossen (aus Medina) bei Sa'd ibn Ubada in einem Vorhofe der Banu Sa'ida. Ali, Zubair und Talha zogen sich in die Wohnung Fatimas zurück. Die übrigen Auswanderer (aus Mekka) begaben sich zu Abu Bakr. Bei ihnen war auch Usayd ibn Hudhair mit den Banu Abd al-Aschhal. Da kam jemand zu Abu Bakr und Umar und sagte: “Dieser Zweig der Hilfsgenossen ist mit Sa'd ibn Ubada im Vorhofe der Banu Sa'ida versammelt, und schon haben sie sich ihm angeschlossen. Wenn ihr daher nach der Herrschaft trachtet, so begebt euch zu ihnen, ehe in dieser Sache etwas entschieden wird.” Muhammad lag noch in seiner Wohnung. Man war noch nicht fertig mit ihm, und seine Familie hatte die Tür hinter ihm geschlossen. Da sagte Umar zu Abu Bakr: “Laß uns zu unsern Brüdern, den Hilfsgenossen, gehen, um zu sehen, was sie vorhaben.”

Die Versammlung der Hilfsgenossen im Vorhof verlief nach dem Bericht von Abd Allah ibn Abi Bakr, der ihn von Zuhri hat, dem 'Ubaid Allah ibn Abd Allah ibn 'Utba ibn Mas'ud ihn überliefert hat, wie folgt; Abd Allah ibn 'Abbas habe ihm erzählt: “Ich war in der Wohnung von Abd al-Rahman ibn Auf in Mina und wartete, bis er von Umar zurückkam. Es war zur Zeit seiner letzten Pilgerfahrt und ich las ihm manchmal den Qur’an vor. Als er zurückkam und mich sah, sagte er: ‘Hättest du doch gesehen, wie ein Mann zum Fürsten der Gläubigen gekommen ist und zu ihm gesagt hat: ,O Fürst der Gläubigen, was sagst du zu dem und dem, der gesagt hat: “Bei Allah, wenn Umar stirbt, werde ich dem und dem huldigen? Bei Allah, die Huldigung Abu Bakrs war nur eine Überraschung, die darin bestätigt wurde.”‘ Umar geriet in Zorn und sagte: ,So Allah will, werde ich an diesem Abend die Leute warnen, die dem Volk in seiner Regierung Gewalt antun wollen.’ Ich sagte: ,O Fürst der Gläubigen, tue es nicht, denn beim Fest ist allerlei schlechtes Volk versammelt, das sich zunächst in deine Nähe drängen wird; wenn du dich erhebst und eine Rede hältst, so werden diese Leute sie nach allen Seiten verbreiten, ohne sie recht aufgenommen und richtig aufgefaßt zu haben. Warte lieber, bis du nach Medina an den Ort der heiligen Lehren kommst, wo du ausschließlich von Gesetzeskundigen und edlen Männern umgeben bist. Was du in Medina sagst, wird bleiben. Die Gesetzeskundigen werden deine Worte aufbewahren und richtig deuten!’ Umar sagte: ‘Bei Allah, so Allah will, werde ich bei meiner ersten Rede in Medina mich dafür erheben!’”

“Wir kamen” – so berichtet Ibn 'Abbas – “Ende Dhu al-Hidjdja (12. Monat) nach Medina. Am ersten Freitag eilte ich zur Moschee, sobald die Sonne ihren Höhepunkt erreicht hatte. Sa'id ibn Zaid ibn Amr Nufail saß bereits an dem Pfeiler der Kanzel. Ich setzte mich ihm gegenüber, so daß mein Knie das seinige berührte, und wich nicht von ihm bis Umar kam. Dann sagte ich zu Sa'id: ‘Er wird heute Abend auf dieser Kanzel eine Rede halten, wie er keine, seit er Kalif ist, gehalten hat.’ Sa'id wollte es nicht glauben und sagte: ,Was kann er schon sagen, das er nicht bereits früher gesagt hätte?’ Umar setzte sich auf die Kanzel und – als die Gebetsausrufer schwiegen – erhob sich, pries Allah in gebührender Weise und sagte: ,Ich will euch heute nach Allahs Bestimmung etwas sagen, denn ich weiß nicht, ob ich es in meiner Todesstunde noch sagen kann. Wer es begreift und auswendig lernt, der verbreite es, soweit ihn sein Kamel trägt; wer fürchtet, es nicht recht zu wissen, der hüte sich, mir etwas Unwahres anzudichten. Allah hat Muhammad gesandt und ihm das Buch geoffenbart. Zu dieser Offenbarung gehörte ein Vers, der vom Steinigen handelt.17 Wir haben ihn gelesen, gelernt und auswendig gewußt. Muhammad selbst hat steinigen lassen, und wir haben es ihm nachgetan. Dennoch fürchte ich, daß nach langer Zeit jemand sagen könnte: “Wir finden nichts über das Steinigen im Buch Allahs!” Man wird also ein von Allah geoffenbartes Gesetz nicht einhalten. Denn nach dem Buche Allahs ist es geboten, Ehebrecher zu steinigen, wenn Beweise dafür da sind. Auch bei einem Geständnis des Mannes oder der Frau, sowie bei Schwangerschaft muß die Steinigung durchgeführt werden.’

Es heißt unter anderem: ,Wendet euch nicht von euren Vätern ab, denn es ist Unrecht (Gottlosigkeit), wenn ihr dies tut.’ Auch hat Muhammad gefordert: ,Vergöttert mich nicht, wie 'Isa, der Sohn Maryams, vergöttert worden ist. Nennt mich Diener und Gesandter Allahs!’”18

Ferner habe ich gehört, N. N. habe gesagt: “Bei Allah, wenn Umar stirbt, so huldige ich N.N.” Es sei aber niemand so verblendet, zu sagen, die Huldigung Abu Bakrs sei ein Handstreich gewesen. Es war allerdings so, aber Allah hat Schlimmes dadurch abgewendet, denn es war niemand unter euch, vor dem man sich mehr beugte als vor Abu Bakr. Wer aber einem Manne ohne Beschluß des Rates der Moslems huldigt, dessen Huldigung ist ungültig, ebenso die Huldigung dessen, der es aus Furcht, getötet zu werden, tut. Wir haben gehört, als Allah Muhammad zu sich nahm, daß die Hilfsgenossen (aus Medina) sich trennten und mit ihren Häuptern sich im Vorhof der Banu Sa'ida versammelten, auch Ali, Zubair und ihr Anhang blieben von uns weg, während die Ausgewanderten (aus Mekka) sich bei Abu Bakr versammelten. Da sagte ich zu Abu Bakr: “Laß uns zu unseren Brüdern, den Hilfsgenossen gehen!” Auf dem Wege trafen wir zwei rechtschaffene Männer, die uns das Übereinkommen der Leute mitteilten und uns fragten, wohin wir wollten. Wir sagten: “Zu unseren Brüdern, den Hilfsgenossen.” Da sagten sie: “Nähert euch ihnen nicht, ihr Ausgewanderten. Vollzieht selbst, was ihr vorhabt!” Ich entgegnete: “Bei Allah, wir gehen zu ihnen!” Wir begaben uns in den Vorhof der Banu Sa'ida, und fanden in ihrer Mitte einen verhüllten Mann. Wir fragten: “Wer ist der Mann?” Man antwortete uns: “Sa'd ibn Ubada.” Ich fragte: “Was hat er?” Man antwortete: “Er ist krank!” Als wir uns niedergelassen hatten, begann ihr Redner mit dem Glaubensbekenntnis und dem Lob Allahs. Dann sagte er: “Wir sind die Hilfsgenossen Allahs und das Heer des Islam. Ihr Ausgewanderten gehört zu unserem Geschlecht. Eine Schar von euch ist herangestürmt und will uns von unserer Wurzel wegreißen und uns der Herrschaft berauben.” Als er schwieg, wollte ich sprechen. Ich hatte bereits eine Rede vorbereitet, die mir gefiel und die ich vor Abu Bakr vortragen wollte, weil ich an ihm etwas Schärfe vermißte. Er aber sagte: “Sachte, Umar!” Ich wollte ihn nicht erzürnen und ließ ihm den Vortritt. Als er dann sprach, waren seine Worte gelehrter und gewichtiger als die meinen und, bei Allah, er ließ kein Wort von dem weg, was ich mir zu sagen vorgenommen hatte. Er drückte es nur anders oder noch besser aus. Er sprach: “Ihr verdient gewiß alles Gute, das ihr von euch selbst sagt, doch die Beduinen erkennen die Herrschaft nur den Quraisch zu. Dieser Stamm ist der Mittelpunkt der Araber, sowohl was ihre Herkunft als auch was ihren Wohnsitz anbetrifft. Ich schlage euch einen dieser beiden Männer vor, huldigt, wem ihr wollt!” Bei diesen Worten faßte er meine Hand und die von Abu Ubaida ibn al-Djarrah. Bei Allah, wenn man mich zur Hinrichtung geführt hätte, ohne ein Verbrechen begangen zu haben, wäre es mir lieber gewesen, als einem Volk vorgesetzt zu werden, unter dem sich Abu Bakr befand.

Da sagte ein Sprecher der Hilfsgenossen: “Ich bin der Stamm, an dem sich das Kamel kratzt und der gut gestützte Dattelbaum. Es soll ein Emir von uns und einer von euch Quraischiten gewählt werden.” Hierauf erhob sich ein großer Lärm. Die Stimmen wurden laut und lauter, so daß ich eine Spaltung befürchtete. Da sagte ich zu Abu Bakr: “Strecke deine Hand aus!” Als er sie ausstreckte, huldigte ich ihm. Alsdann huldigten ihm die Ausgewanderten und die Hilfsgenossen. Dann fielen wir über Sa'd ibn Ubada her, so daß einer von ihnen rief: “Ihr bringt Sa'd um!” Ich erwiderte aber: “Allah töte ihn!”19

26.12 Umars Rede am Tage der allgemeinen Huldigung

Zuhri berichtet von Anas ibn Malik: “Am Tage nach der Huldigung im Vorhof setzte sich Abu Bakr auf die Kanzel. Da erhob sich Umar und sagte (nachdem er Allah gepriesen hatte, wie es sich ziemt): ,O ihr Leute! Ich habe gestern Worte an euch gerichtet, die ich nicht im Buche Allahs gefunden habe und die mir auch der Gesandte Allahs nicht aufgetragen hat. Ich war der Meinung, Muhammad werde unsere Angelegenheiten durch sein letztes Wort leiten. Aber Allah hat sein Buch unter euch gelassen, das die Leitung seines Gesandten enthält. Wenn ihr daran festhaltet, so leitet euch Allah dadurch, wie er ihn geleitet hat.20

Allah hat euch um den Besten unter euch vereinigt, um den Gefährten des Gesandten Allahs, der mit ihm als Zweiter in der Höhle war. Erhebt euch und huldigt ihm!’ Da huldigte die Gemeinde Abu Bakr nochmals.”21

26.13 Abu Bakrs Rede

Abu Bakr hielt (nachdem er Allah gelobt hatte) folgende Rede: “O ihr Leute! Ich bin zu eurem Herrn eingesetzt worden, obgleich ich nicht der Beste unter euch bin. Handle ich recht, so leistet mir euren Beistand; handle ich schlecht, so biegt mich zurecht! Wahrheit ist Treue, Lüge ist Verrat. Der Schwache unter euch ist stark vor mir, bis ich ihm, so Allah will, sein Recht verschaffe.

Der Starke ist schwach vor mir, bis ich, so Allah will, dem Rechte Genugtuung verschaffe. Nie hat ein Volk es unterlassen, auf dem Pfade Allahs zu kämpfen, ohne daß Allah es der Verachtung preisgegeben hätte, und es sind nie Schändlichkeiten in einem Volke begangen worden, ohne daß Allah ein Unglück über es gebracht hätte. Gehorcht mir, solange ich Allahs und seines Gesandten Befehle gehorche. Handle ich ihnen zuwider, so seid ihr mir keinen Gehorsam schuldig. Erhebt euch zum Gebet, Allah erbarme sich über euch!”22

26.14 Die Ausstattung und Beerdigung Muhammads

Nachdem man Abu Bakr gehuldigt hatte, nahm man am Dienstag die Bestattung Muhammads vor. Ali, 'Abbas und dessen Söhne Fadl und Qutham, Usama ibn Zaid und Schuqran, ein Freigelassener Muhammads, besorgten die Waschung. Aus ibn Khauli rief von draußen: “Ich beschwöre dich bei Allah und unserem Anteil an Muhammad!” Ali hieß ihn eintreten. Aus trat ein, setzte sich und wohnte der Waschung bei. Ali lehnte Muhammad an seine Brust. 'Abbas und dessen Söhne halfen beim Umdrehen. Usama und Schuqran gossen Wasser über seinen Leib, und Ali wusch ihn, während er ihn an seine Brust lehnte. Muhammad hatte sein Unterkleid an. Ali rieb darüber, ohne ihn mit der Hand zu berühren. Ali sprach: “Wie schön bist du, lebendig und tot!” Man nahm an Muhammad nichts von dem wahr, was man an anderen Leichen festzustellen pflegt. Aischa erzählt: “Als man Muhammad waschen wollte, war man sich uneinig darüber, ob man ihn wie andere Leichen entkleiden oder ihn mit seinem Gewand waschen sollte. Da ließ Allah alle einschlafen. Das Kinn sank ihnen auf die Brust. Dann sagte jemand von einer Seite des Hauses her (niemand wußte, wer es war): ,Wascht den Propheten in seinem Gewand!’ Da wuschen sie ihn in seinem Unterkleid. Sie gossen Wasser darauf und rieben seinen Leib so, daß sich das Unterkleid zwischen ihm und ihren Händen befand. Als die Waschung vollzogen war, hüllte man ihn in drei Kleider, in zwei von Suhar23 und einen gestreiften Mantel, in den er eingewickelt wurde.”

Ibn 'Abbas erzählt: “Als man das Grab für Muhammad ausheben lassen wollte, schwankte man zwischen zwei Totengräbern: Nämlich Abu Ubaida ibn al-Djarrah, dem Totengräber der Mekkaner, der das Grab mitten in der Gruft grub, und Abu Talha Zaid ibn Sahl, der es an einer Seite der Gruft grub. Da rief 'Abbas zwei Männer herbei. Den einen sandte er zu Abu Ubaida und den andern zu Abu Talha. 'Abbas sagte: ,Allah! Wähle das rechte Grab für deinen Gesandten!’ Der zu Abu Talha Geschickte kam zuerst zurück. Er brachte Abu Talha mit. Dieser machte die Grube an der Seite der Gruft.”

Als Muhammad ausgestattet war, legte man ihn in seiner Wohnung auf sein Bett. Man stritt darüber, wo er beerdigt werden sollte. Die einen wollten ihn in der Moschee bestatten, die anderen bei seinen Gefährten. Da sagte Abu Bakr: “Ich habe gehört, wie Muhammad gesagt hat: ,Jeder Prophet ist an der Stelle beerdigt worden, wo er gestorben ist!’” Man hob den Teppich auf, auf dem Muhammad gestorben war und hob darunter ein Grab aus.24 Dann kamen die Leute truppenweise, um für Muhammad zu beten; zuerst die Männer, dann die Frauen, schließlich die Kinder, ohne daß sie jemand dazu angehalten hätte.

Muhammad wurde mitten in der Nacht zum Mittwoch bestattet. Aischa erzählte: “Wir wußten nichts von der Beerdigung Muhammads. Mitten in der Nacht zum Mittwoch hörten wir plötzlich das Geräusch von Hacken. Dasselbe hat mir auch Fatima berichtet. Ali, Fadl ibn 'Abbas, Quthum und Schuqran stiegen in das Grab hinab. Da rief Aus ibn Khauli zu Ali hinab: ,Ich beschwöre dich bei Allah und unserem Anteil am Gesandten Allahs.’ Da sagte Ali: ,Komm herunter!’ Aus ibn Khauli stieg zu den andern ins Grab hinab. Schuqran hatte, als er Muhammad ins Grab legte, den Umhang genommen, in den Muhammad sich stets eingehüllt hatte, ihn zerrissen und mitbeerdigt. Er sagte: ‘Bei Allah! Diesen Umhang soll niemand mehr nach dir anziehen!’ Mughira ibn Schu'ba behauptet, er sei zuletzt mit Muhammad in Berührung gekommen. Er erzählt: ,Ich warf meinen Siegelring in das Grab und rief: “Ich habe ihn fallen lassen!” Ich habe ihn jedoch absichtlich hineingeworfen, um den Gesandten Allahs als Letzter zu berühren.’”

Aischa erzählt weiter: “Muhammad hatte während seiner Krankheit eine Decke auf sich liegen, mit der er sich das Gesicht bedeckte und die er zuweilen wieder wegzog. Dabei sagte er: ,Allah, bekämpfe ein Volk, das die Gräber seiner Propheten zum Bethaus macht!’ Er fürchtete nämlich, sein Volk möchte dies tun.”

Aischa erzählte auch, die letzten Worte Muhammads seien gewesen: “Es sollen auf der Arabischen Halbinsel nicht zwei Religionen geduldet werden.”25

Als Muhammad starb, kam großes Unglück über die Moslems. Aischa sagte: “Als Muhammad starb, wurden die Beduinen abtrünnig. Das Judentum und Christentum erhob sich, und die Heuchler zeigten sich offen. Die Moslems glichen wegen des Verlustes ihres Propheten einer nassen Herde in einer Winternacht, bis sie Allah um Abu Bakr scharte.”26


Footnotes

1 Aischa, “der Teenager,” die Lieblingsfrau Muhammads, hatte eine spitze Zunge und sagte ihm die Wahrheit bis kurz vor seinem Tod.

2 Der Rundgang oder Tawaf: Das Wort, das die Umkreisung der Ka'ba bezeichnet, wird auch für die eheliche Verpflichtung Muhammads seinen Frauen gegenüber verwandt.

3 Muhammad hat insgesamt dreizehn Frauen geheiratet. Er stellte sich damit auf eine Stufe mit den Königen David und Salomo, aber nicht auf die Ebene Jesu Christi.

Muhammad hat die Polygamie vorgelebt, im Qur’an bestätigt (Sure al-Nisa 4,3) und damit für die Schari’a als göttliche Offenbarung legalisiert. Er besaß außer seinen Frauen auch noch Sklavinnen, von denen ausgerechnet Mirjam, eine Christin aus Ägypten, ihm als einzige aller Frauen einen Knaben in den zehn Jahren seiner Herrschaft in Medina gebar.

Muhammads Eheverständnis unterscheidet sich grundsätzlich von Gottes Gebot in der Schöpfungsordnung (1. Mose 1,27) und der Bestätigung dieses Gebotes durch Jesus Christus (Markus 10,2-12). Es stimmte aber mit den Praktiken Davids und Salomos überein.

Muhammad hat mit seiner Eheauffassung im Islam eine Grundordnung des Schöpfers übertreten und unendliches Leid über alle moslemischen Frauen gebracht.

4 Muhammad war über 20 Jahre mit der willensstarken, seriösen und reichen Kaufmannswitwe Khadija verheiratet gewesen, die Muhammad weitgehend beeinflußte und prägte. Als sie verstarb und Muhammad Herrscher in Medina wurde, verlobte er sich mit einem Kind, der siebenjährigen Aischa. In den ersten Jahren spielte er noch mit ihr auf dem Boden seines Hauses. Als sie im 9. Lebensjahr die körperliche Reife erreichte, vollzog er mit ihr die Ehe. Sie wurde die Lieblingsfrau Muhammads und war etwa 19 Jahre alt, als Muhammad starb. Es gibt keinen größeren Gegensatz im Leben Muhammads als die Ehen mit Khadija und Aischa. Beide Frauen haben die Geschichte des Islam mitgeprägt.

5 Dieser Vers kann im Arabischen auch so verstanden werden, daß Muhammad das Recht hatte, jede moslemische Frau und jedes Mädchen zu heiraten, wenn sie sich ihm anbot und er mit ihr die Ehe vollziehen wollte. Allah gab Muhammad damit einen Freibrief, alle seine Lüste zu erfüllen. So mußte er sich nicht “bedrückt” fühlen, wenn er über das Maß der anderen Moslems hinausging. Sex war im Leben Muhammads – nachdem Khadija verstorben und er Herrscher in Medina geworden war – ein dominierender Faktor geworden.

Um diese Ausnahme zu rechtfertigen sprechen die Schari'agelehrten von der Hiba-Ehe, die dadurch zustande kommt, daß eine Frau sich einem Mann bedingungslos schenkt, was nur ein Vorrecht Muhammads war.

6 Die Niederlage von Uhud schmerzte Muhammad bis an sein Lebensende. Er betete für die gefallenen Märtyrer und noch lebenden Kämpfer.

7 Muhammad hatte gehofft, daß er, wie Jesus, nach seinem Tod in die Nähe Allahs entrückt werde. Die Knochen Muhammads aber liegen noch immer in seinem Grab in Medina und die islamischen Theologen sagen, daß Muhammad im Barzakh (Zwischenzustand) auf den Jüngsten Tage warte. Deshalb müssen alle Moslems bei der Nennung des Namens Muhammads sagen: “Allah bete über ihm und gebe ihm Frieden!” Sie ahnen, daß Muhammad noch nicht gerettet und noch nicht ins Paradies eingegangen ist.

8 Diese Tradition deutet an, daß Muhammad Abu Bakr kurz vor seinem Tod als seinen Nachfolger empfahl. Sie stammt jedoch von Aischa, die die Anwesenheit Alis verschwieg und dafür ihren Vater als Kalifen ins Gespräch brachte.

9 Bis zum Schluß gab es erhebliche Spannungen zwischen den Moslems aus Mekka, den Flüchtlingen, und den alteingesessenen Moslems aus Medina, den Hilfsgenossen.

10 Wahrscheinlich argwöhnte Muhammad, daß man ihn vergiften wollte. Um sich zu vergewissern, daß es tatsächlich Arznei war, forderte er alle Anwesenden auf, davon zu trinken!

11 Diese Tradition Aischas dreht sich wieder um ihren Vater. Als ob sie es hätte verhindern wollen, daß er Vorbeter und Herrscher werde, aber daß Muhammad diese Berufung durchgesetzt habe.

12 Eine andere Tradition stellte Umar als berufenen Vorbeter vor. Die Nachfolgekämpfe zwischen den Anhängern Abu Bakrs, Umars und Alis begannen schon vor dem Tod Muhammads. Aischa aber, die schlauste von allen, siegte.

13 Die letzte Rede Muhammads ist erschütternd. Kein Wort der Gnade und der Hoffnung. Nur eine Wiederholung des Gesetzes mit seinen Geboten und Verboten. Was Muhammad zu sagen hatte, war kein Trost – nur Gesetz. Das beschäftigte ihn bis zum Tod. Christus aber ist des Gesetzes Ende. Wer an ihn glaubt, der wird gerecht. Wer Jesus, den Retter vom Fluch des Gesetzes verwirft, auf den wartet das Feuer, das Muhammad in seiner letzten Stunde von ferne sah und ahnte.

14 Die Anhänger Alis waren neben den Anhängern Abu Bakrs und Umars die dritte Gruppe, die um die Herrschaft und Nachfolge Muhammads rang.

15 Die Augenzeugen, die von den letzten Minuten im Leben Muhammads berichten, können keine Worte des Trostes und der Hoffnung und keine Vergebung für seine Feinde bezeugen.

16 Diese Berichte spiegeln die Turbulenzen zwischen den Moslemführern wegen der von Muhammad ungeklärten Nachfolgefrage wider. Die nüchterne Aussage Abu Bakrs, daß die Anbetung Allahs weiter gehe und Muhammad nur sein zeitlicher Gesandter gewesen sei, beeindruckte das Volk. Abu Bakr hat das theokratische Weltbild des Islam bestätigt – falls dieser Bericht echt ist und keine nachträgliche Retuschierung des Nachfolgerstreits.

17 Umar wollte zunächst die Moslems auf seine Seite ziehen und brachte vergessene Verse aus den Offenbarungen Muhammads in Erinnerung. Er wollte sich als radikaler und konsequenter Rechtsgelehrter profilieren. Die Steinigung einer Ehebrecherin ist nur durch die Sunna belegt; ob es in einer früheren Fassung des Qur’ans den “Steinigungsvers” gegeben hat, ist umstritten.

18 Umar warnte vor der Vergottung Muhammads und zog Jesus als warnendes Beispiel dafür heran. Damit hat Umar Jesus verkannt und den antichristlichen Kampf des Islam im Geist Muhammads weitergeführt.

19 Die einheimischen Moslems sammelten sich im Hause eines der Ihrigen, Sa'd ibn Ubada, und versuchten die Herrschaft an sich zu reißen. Der nachgiebige, junge Ali hatte sich mit seinen Anhängern ins Haus seiner Frau Fatima zurückgezogen. Abu Bakr aber ging mit Umar mitten in die Versammlung der Moslems aus Medina hinein. Abu Bakr deutete in seiner Rede die Gefahr des Abfalls und von Überfällen der Beduinen an, falls der Nachfolger Muhammads nicht von den Quraisch stammen würde.

Als die Hilfsgenossen aus Medina zwei Kalifen vorschlugen – einen aus ihrer Mitte und einen aus der Gruppe der Quraisch – begann Umar Abu Bakr durch einen Handstreich zu huldigen und zog die Mehrheit mit sich zu Abu Bakr.

Muhammad war noch nicht beerdigt, da brachen schon die Kämpfe um Muhammads Nachfolge aus. Es ging dabei weder um die richtige Anbetung Allahs, noch um die Trauer wegen Muhammads Tod, sondern allein um die Macht. Diese Vorgänge spiegeln den Geist des Islam deutlich wider.

Jesus hatte seine Jünger nach seiner Himmelfahrt für zehn Tage in die Gebetsstille gesandt, bis der Heilige Geist auf sie fallen würde. Petrus war schon früher von Jesus als Vorsteher der Apostel bestimmt worden. Der Heilige Geist bestätigte diese Berufung. Es ging an Pfingsten nicht um eine politische Machtergreifung, sondern um den Empfang der Kraft Gottes. Die Jünger selbst hatten Jesus vor der Himmelfahrt wegen der Aufrichtung der Gottesherrschaft im alttestamentlichen Volk gefragt. Aber Jesus schob ihre irdische Denkweise beiseite und verhieß ihnen den Heiligen Geist, der ein geistliches Reich – die Gemeinde Jesu Christi – bauen würde.

20 Umar legte die islamische Gemeinde auf den Qur’an, das eigentliche Erbe Muhammads, fest.

21 Durch diese zweite Huldigung in der Moschee wurde Abu Bakr offiziell zum ersten Kalifen bestimmt. Er sollte der Vorbeter und Fürst aller Gläubigen sein und damit das geistliche und weltliche Amt in seiner Person vereinigen.

22 Die geschickte Rede Abu Bakrs, des Gütigen, enthielt eine erneute Rückbesinnung auf die Offenbarung Allahs an Muhammad und die Versicherung der gerechten Rechtssprechung. Es ging bei den Reden Abu Bakrs und Umars jedoch nicht um Buße, Heil, Vergebung und ewiges Leben, sondern um den Qur’an, um Recht und um Macht.

23 Suhar war ein Ort im Jemen.

24 Muhammad wurde im Hause Aischas beerdigt. Ihr Vater hatte es so vorgeschlagen. Damit wurde das Haus Aischas zu einem Wallfahrtszentrum für alle Moslems.

25 Diese letzte Anweisung Muhammads – durch den Mund Aischas überliefert – führte zur Vertreibung und Vernichtung der christlichen und jüdischen Stämme auf der Arabischen Halbinsel. Sollten diese Worte tatsächlich von Muhammad stammen, so hatte er vor dem Einfluß der Juden und Christen auf seine Anhänger Angst, zumal er wußte, daß sie in Lehre und Lebenswandel ein weit höheres Niveau besaßen.

26 Die Rückeroberung der Arabischen Halbinsel, die Vertreibung der Juden und Christen von ihr und der explosionsartige Vorstoß der Moslems in den Mittelmeerraum war eine Folge des Todes Muhammads. Die Konsolidierung und Ausbreitung des Islam geschah nicht auf geistliche Weise, sondern durchs Schwert. In nur hundert Jahren eroberten die Moslems ein Gebiet größer als Europa. Auch heute noch sind über 95 Prozent der Bevölkerung in diesen eroberten Ländern Moslems.