21.1 Was den Kriegszug nach Mekka veranlaßt hat
Nach der Sendung von Mu'ta blieb Muhammad die Monate Djumada al-Akhira (6. Monat) und Radjab (7. Monat) in Medina. Dann begannen die Banu Bakr ibn Abd Manat Feindseligkeiten gegen die Khuzaiten, während jene sich an einem Wasser in der Niederung von Mekka, “al-Watir” genannt, aufhielten. Zu dem Zerwürfnis kam es folgendermaßen: Malik ibn Abbad von den Banu al-Hadrami – damals ein Schutzgenosse des Aswad ibn Razn – ging handeltreibend in das Gebiet der Khuza'a und wurde dort von den Khuzaiten beraubt und erschlagen.
Die Banu Bakr überfielen hierauf einen Khuzaiten und töteten ihn. Die Khuzaiten töteten dann in Arafa, bei den heiligen Denkmälern – kurz bevor sie den Islam annahmen – die drei Söhne des Aswad ibn Razn al-Dili: Salma, Khultum und Dhu'aib. Sie hatten die Zierde und den Adel der Banu Kinana gebildet. Während dieses Zerwürfnisses zwischen den Banu Bakr und Khuza'a erreichte sie der Islam, der ihnen Einhalt gebot und sie völlig beschäftigte. Zu den Friedensbedingungen von Hudaibiyya gehörte auch, daß es jedem frei stehe, mit Muhammad oder den Quraisch ein Bündnis zu schließen. Die Banu Bakr verbündeten sich mit den Quraisch, die Khuzaiten mit Muhammad. Die zu den Banu Bakr gehörenden Banu al-Dil wollten nach dem Friedensschluß für die erschlagenen Söhne al-Aswads an den Khuzaiten Rache nehmen. Nawfal ibn Mu'awiya, der Verantwortliche der Banu al-Dil, zog mit seinen Leuten aus und überfiel des Nachts die Khuzaiten bei der Quelle Watir und tötete einen Mann. Die Quraisch unterstützten die Banu Bakr mit Waffen. Einige kämpften sogar des Nachts heimlich in ihren Reihen, bis sie die Khuza'a auf heiliges Gebiet gedrängt hatten. Als sie dort angelangt waren, riefen die Banu Bakr: “Nawfal! Wir sind im heiligen Gebiet, fürchte Allah!” Er aber sprach das schwere Wort: “Es gibt heute keinen Allah, ihr Banu Bakr! Nehmt Rache, denn bei meinem Leben, ihr werdet noch manche Exzesse auf heiligem Gebiet begehen. Warum scheut ihr euch, hier Rache zu nehmen?”
Als die Banu Bakr die Khuza'a bei der Quelle Watir des Nachts überfallen hatten, hatten sie einen Mann erschlagen, welcher Munabbih hieß und ein Herzleiden hatte. Er war mit Tamim ibn Asad, einem anderen Khuzaiten, ausgegangen und hatte zu ihm gesagt: “Rette dich, Tamim, denn ich bin, bei Allah, doch des Todes. Mögen sie mich töten oder nicht, mein Herz ist zu schwach.” Tamim war weggelaufen und entkommen, Munabbih aber erschlagen worden.
21.2 'Amr ibn Saalims Reise zu Muhammad
Als die Quraisch und Banu Bakr vereint gegen die Khuza'a gekämpft, sie geschlagen und dadurch den mit Muhammad geschlossenen Vertrag verletzt hatten, da sie Bundesgenossen Muhammads waren, begab sich 'Amr ibn Saalim, der Khuzaite, von den Banu Ka'b, zu Muhammad nach Medina. Seine Reise sollte die Eroberung Mekkas herbeiführen. Amr stellte sich vor Muhammad auf, der in der Moschee inmitten seiner Leute saß und dichtete:
O Herr! Ich beschwöre Muhammad bei dem Bündnis zwischen unserem und seinem Stammvater.
Ihr wart wie seine Kinder und wir wie seine Väter.
Später schlossen wir Frieden und rührten keine Hand mehr.
Steh uns bei! Allah schenke dir den von ihm bereiteten Sieg!
Fordere die Diener Allahs auf, daß sie uns helfen.
In ihrer Mitte befindet sich der Gesandte Allahs,
der sein Schwert zieht
und dessen Gesicht die Farbe wechselt,
wenn ihm ein Schimpf angetan wird,1
mit einer Schar, die wie das schäumende Meer einherwogt.
Die Quraisch haben ihr Wort gegen dich gebrochen
und das feste Bündnis verletzt
und in ihrer Niedrigkeit mir aufgelauert.
Sie glaubten, ich werde niemanden zu Hilfe rufen.
Sie, die niedrigsten und geringsten an Zahl,
haben uns bei Watir des Nachts überfallen
und erschlagen, als wir uns zum Gebet lagerten
und verbeugten und niederfielen.
Muhammad sagte: “Dir soll geholfen werden, 'Amr ibn Saalim!” Hierauf neigte sich eine Wolke vom Himmel zu Muhammad, und er sagte: “Diese Wolke verkündet den Sieg der Banu Ka'b.”
21.3 Die Reise des Budail ibn Warqa' zu Muhammad
Nach Amr kam auch Budail ibn Warqa' mit einer Anzahl Khuzaiten und berichtete Muhammad, was ihnen zugestoßen war, und wie die Quraisch sich mit den Banu Bakr gegen sie vereinigt hatten. Dann kehrten sie wieder nach Mekka zurück. Muhammad sagte zu den Seinigen: “Mir ist, als sähe ich Abu Sufyan kommen, um das Bündnis wieder zu festigen und den Vertrag zu verlängern.”
Budail und seine Gefährten begegneten Abu Sufyan in Usfan. Die Quraisch hatten ihn tatsächlich gesandt, um das Bündnis zu festigen und den Vertrag zu verlängern, denn sie fürchteten die Folgen der Auseinandersetzung. Abu Sufyan fragte Budail, wo er herkomme – er vermutete, daß er Muhammad besucht habe. Budail antwortete: “Ich war mit einigen Khuzaiten an diesem Ufer und im Innern dieses Tales.” Abu Sufyan fragte: “Warst Du nicht bei Muhammad?” Budail antwortete: “Nein!” Als Budail sich entfernt hatte, sagte Abu Sufyan: “Wenn er in Medina war, dann hat er seine Kamele mit Dattelkernen gefüttert.” Er ging daher an den Lagerplatz Budails und untersuchte den Kamelmist, und als er Dattelkerne darin fand, sagte er: “Ich schwöre, bei Allah, Budail war schon bei Muhammad.”
21.4 Abu Sufyans Ankunft in Medina
Als Abu Sufyan nach Medina kam, begab er sich zu seiner Tochter Habiba. Als er sich auf dem Bett Muhammads niederlassen wollte, schob sie es beiseite. Da fragte er: “Bin ich dir lieber oder dieses Bett?” Sie antwortete: “Es ist das Bett des Gesandten Allahs und du bist ein unreiner Götzendiener, darum will ich nicht, daß du auf diesem Bett sitzt.” Er erwiderte: “Bei Allah, du bist schlimm geworden seit unserer Trennung.” Er begab sich dann zu Muhammad und sprach mit ihm. Muhammad gab ihm aber keine Antwort. Er ging dann zu Abu Bakr und ersuchte ihn, bei Muhammad Fürsprache für ihn einzulegen. Abu Bakr weigerte sich aber. Er begab sich hierauf mit derselben Bitte zu Umar. Dieser rief: “Ich soll euer Fürsprecher bei Muhammad sein? Bei Allah, wenn ich nur über eine Ameise zu gebieten hätte, würde ich euch damit bekriegen!” Er ging dann zu Ali, bei dem dessen Gattin Fatima war, und deren kleiner Sohn Hassan vor ihr herumkroch. Zu ihm sagte Abu Sufyan: “Du stehst ihm am nächsten. Ich bin in einer Angelegenheit hierhergekommen und möchte nicht heimkehren, ohne sie erledigt zu haben. Sei mein Fürsprecher bei Muhammad!” Ali sagte: “Wehe dir, Abu Sufyan, bei Allah, Muhammad hat einen Entschluß gefaßt, gegen den wir nichts zu unternehmen vermögen.” Abu Sufyan wandte sich dann zu Fatima und sagte: “O Tochter Muhammads! Willst du nicht deinem Söhnchen sagen, er soll gegenseitigen Schutz verkünden? Er würde bis ans Ende der Zeit Herr der Araber sein.” Sie antwortete: “Mein Söhnchen ist noch zu jung, um Schutz zu gewähren, auch kann niemand gegen Muhammad jemanden beschützen.” Da sagte Abu Sufyan: “O Abu Hassan, ich sehe, daß die Umstände mir sehr ungünstig sind. Erteile mir einen Rat!” Ali antwortete: “Bei Allah, ich weiß nichts, das dir nützen könnte, doch du bist der Herr der Banu Kinana. Mache dich auf, verkündige gegenseitigen Schutz, und reise wieder heim!” Abu Sufyan fragte: “Glaubst du, daß dies etwas nützen wird?” Ali antwortete: “Nein, bei Allah, ich glaube nicht, aber ich weiß nichts anderes.” Abu Sufyan ging hierauf zur Anbetungsstätte und sagte: “O ihr Leute, ich verkündige gegenseitigen Schutz.” Dann bestieg er sein Kamel und reiste ab.
Als er zu den Quraisch zurückkam und sie ihn fragten, was er bringe, sagte er: “Ich habe mit Muhammad gesprochen, er hat mir aber keine Antwort gegeben. Auch bei Abu Bakr fand ich nichts Gutes, und Umar zeigte sich als der größte Feind. Dann ging ich zu Ali. Ihn fand ich am weichsten. Er hat mir auch einen Rat gegeben, den ich befolgt habe, aber bei Allah, ich weiß nicht, ob es etwas nützen wird.” Sie fragten ihn dann, was dieser ihm geraten, und als er es ihnen mitteilte, fragten sie: “Hat Muhammad dir die Erlaubnis dazu gegeben?” – “Nein. Bei Allah, der Mann hat nur sein Spiel mit mir getrieben.” – “Was nützen deine Worte?” – “Nichts, aber bei Allah2, ich wußte nichts anderes.”
21.5 Muhammads Vorbereitungen zur Eroberung Mekkas
Muhammad erteilte den Befehl zur Ausrüstung und befahl seinen Leuten, das Nötige für einen Feldzug vorzubereiten. Als Abu Bakr seine Tochter Aischa besuchte und mit Vorbereitungen zu einem Feldzug beschäftigt fand, fragte er sie: “Hat euch Muhammad befohlen, seine Ausrüstung bereitzuhalten?” – “Ja, tu du dasselbe!” – “Und wohin glaubst du, daß er ziehen will?” – “Bei Allah, ich weiß es nicht.” – Muhammad sagte den Leuten später, daß er nach Mekka ziehen werde, und befahl ihnen, die Ausrüstung energisch zu betreiben. Auch betete er: “Allah, entziehe den Quraisch Kundschafter und jeden sonstigen Bericht, damit wir sie in ihrem Lande überraschen!”
21.6 Hatibs Warnschreiben
Als Muhammad den Beschluß gefaßt hatte, gegen Mekka zu ziehen, schrieb Hatib ibn Abi Balta einen Brief an die Quraisch, in welchem er ihnen Muhammads Entschluß mitteilte. Er übergab den Brief einer Frau von Muzaina mit der Weisung, ihn den Quraisch zu überbringen. Die Frau schob den Brief in ihr Haar, flocht ihre Zöpfe darum und reiste ab. Muhammad wurde jedoch vom Himmel über Hatibs Tat unterrichtet. Er sandte daher Ali und Zubair, um die Frau einzuholen, die Hatibs Schreiben an die Quraisch befördern sollte. Sie holten sie in Khaliqa ein, wo die Banu Abi Ahmad wohnten, ließen sie absteigen und untersuchten ihr Gepäck, fanden aber nichts. Da sagte Ali: “Ich schwöre bei Allah, daß dem Propheten nichts Unwahres geoffenbart und uns nichts Unwahres mitgeteilt worden ist. Gib uns den Brief heraus, oder wir entkleiden dich!” Als sie sah, daß es ihm ernst war, bat sie ihn, seitwärts zu gehen. Sie löste ihre Haarschopf, zog den Brief hervor und übergab ihn Ali, der ihn Muhammad brachte. Dieser ließ Hatib rufen und fragte ihn, was ihn zu dieser Tat bewogen hatte. Er antwortete: “Bei Allah, ich glaube an Allah und seinen Gesandten. Ich habe mich nicht verändert und keinen anderen Glauben angenommen. Auch habe ich bei den Mekkanern keinen Stamm und kein Geschlecht, und doch lebt dort ein Sohn von mir und meine Frau, denen ich Gunst zuwenden wollte.”
Umar rief: “Erlaube mir, Gesandter Allahs, daß ich ihm den Kopf abschlage, denn er ist ein Heuchler!” Muhammad erwiderte aber: “Hat nicht Allah am Tage von Badr die Kämpfer betrachtet und ihnen gesagt: ,Tut was ihr wollt, ich vergebe es euch!'“ In bezug auf die Tat Hatibs wurde ihm dann geoffenbart: “1 O ihr, die ihr glaubt, nehmt nicht meine und eure Feinde zu Freunden, daß ihr ihnen liebevoll begegnet,” bis es heißt: “4 Ihr habt ein schönes Beispiel an Abraham und den Seinigen, als sie zu ihren Stammesgenossen sagten: ,Wir sagen uns von euch los und von dem, was ihr außer Allah anbetet. Wir verleugnen euch, und zwischen uns und euch wird Haß und Feindschaft bestehen, bis ihr allein an Allah glaubt' ...” (Sure al-Mumtahina 60,1-4). Muhammad brach dann auf und setzte Abu Rahm Kulthum ibn Hussain über Medina. Er verließ Medina, als zehn Tage des Monats Ramadan (9. Monat) vorüber waren. Er fastete, und alle Leute fasteten mit ihm, bis er nach Kadid, zwischen Usfan und Amadj kam. Dort brach er das Fasten ab.
21.7 Muhammads Lager im Marr al-Dhahran3
Muhammad zog dann mit 10.000 Gläubigen bis Marr al-Dhahran. Die Banu Sulaim zählten 700 und die Muzaina 10.000 Mann. Nach den Angaben anderer zählten auch die Banu Sulaim 1000 Mann, und von allen Stämmen war eine Anzahl Gläubiger mit ihm. Von den Ausgewanderten und Hilfsgenossen waren alle mitgezogen. Kein einziger war zurückgeblieben. Muhammad lagerte bereits in Marr al-Dhahran, ohne daß irgendeine Kunde davon zu den Quraisch gelangt war. Sie wußten nicht, was er tun werde. In jenen Nächten zogen auch Abu Sufyan, Hakim ibn Hizam und Budail ibn Warqa' aus, um Kunde einzuholen und etwas über Muhammad zu erfahren. Auch al-'Abbas hatte Mekka verlassen. Er war Muhammad auf dem Wege in Djuhfa4 mit seiner Familie als Auswanderer begegnet. Al-'Abbas war bis jetzt in Mekka geblieben und hatte das Amt, die Pilger zu tränken, mit Muhammads Genehmigung beibehalten.
21.8 Abu Sufyan bekennt sich zum Islam
Auch Abu Sufyan und Abd Allah ibn Umaiyya begegneten Muhammad. In Niq al-'Uqaab, zwischen Mekka und Medina, suchten sie ihm nahe zu treten. Umm Salama trug es ihm vor und sagte: “O Gesandter Allahs, hier ist der Sohn deines Onkels und der Sohn deiner Tante und dein Schwager.” Muhammad erwiderte: “Ich will nichts von ihnen wissen. Der Sohn meines Onkels hat meine Ehre angegriffen, und der Sohn meiner Tante sowie mein Schwager haben in Mekka die bekannten Worte an mich gerichtet.” Als diese Antwort Muhammads zu ihnen gelangte, sagte Abu Sufyan, der seinen jungen Sohn bei sich hatte: “Bei Allah, er muß uns Zutritt gewähren, oder ich nehme diesen Sohn und ziehe mit ihm im Lande umher, bis wir vor Hunger oder Durst umkommen!” Als Muhammad diese Worte zu Ohren bekam, hatte er Mitleid mit ihnen, und er ließ sie eintreten. Sie traten ein und bekannten sich zum Islam.
Abu Sufyan trug dann folgenden Vers vor:
Bei deinem Leben, als ich einst ein Banner trug,
unter dem die Reiter al-Lats
die Reiter Muhammads besiegen sollten,
glich ich einem, der in dunkler Nacht umhertappte.
Jetzt aber ist meine Zeit gekommen,
da ich geleitet werde und der Leitung folge.
Ich bin von einem andern,
nicht von meinem eigenen Herzen, geleitet worden.
Derjenige, den ich auf jede Weise vertrieb,
hat mich mit Allah vereint.
Ich bemühte mich, die Leute von Muhammad fernzuhalten.
Ich zählte mich nicht zu ihm,
und doch wurde ich von ihm gerufen.
Sie sind, was sie sind.
Wer nicht nach ihrem Sinn spricht,
mag noch so verständig sein,
er wird getadelt und als Lügner verschrien.
Obgleich ich mit den Leuten nicht einig war,
suchte ich doch, ehe ich geleitet wurde,
bei jeder Zusammenkunft sie zufriedenzustellen.
Sage den Thaqifiten, ich will ihren Krieg nicht.
Sage ihnen, sie sollen andere bedrohen, nicht mich.
Ich war nicht bei dem Heer, das Amir verfolgte.
Sowohl meine Zunge als meine Hände sind unschuldig.
Andere Stämme waren aus fernem Lande gekommen,
Fremdlinge aus Saham und Surdud.
21.9 'Abbas begegnet Abu Sufyan
“Als Muhammad in Marr al-Dhahran lagerte, dachte ich,” erzählte al-'Abbas, “wehe den Quraisch! Bei Allah, wenn Muhammad mit Gewalt in Mekka einzieht, ehe sie kommen und ihn um Gnade bitten, so ist es aus mit ihnen bis zum Ende der Zeit. Ich bestieg daher al-Baida, das Maultier Muhammads, ritt bis al-Arak und dachte bei mir, vielleicht finde ich einen Holzsammler, einen Milchverkäufer oder einen anderen Geschäftsmann, der nach Mekka geht und den Quraisch sagt, wo Muhammad weilt, damit sie herauskommen und ihn um Schutz anflehen, ehe er mit Gewalt einzieht. Dann schwor ich bei Allah, selbst nach Mekka zu reisen, um irgend etwas zu erreichen.”
Da wurde ich Zeuge eines nächtlichen Gesprächs zwischen Abu Sufyan und Budail ibn Warqa'. Abu Sufyan sagte: “Ich habe noch nie so viele Feuer und so viele Truppen gesehen, wie in dieser Nacht!” Budail erwiderte: “Es sind, bei Allah, die Khuza'a, die auf dem Kriegszug sind.” Abu Sufyan entgegnete aber: “Die Khuza'a sind zu wenig, um so viele Feuer und Truppen zu haben!”
Ich rief: “Abu Handhala!” Er erkannte meine Stimme und rief: “Abu al-Fadl?” – “Ich bin es!” – “Was tust du? Du bist mir teurer als Vater und Mutter!” – “Wehe dir, Abu Sufyan, hier ist Muhammad mit seinen Leuten! Wehe den Quraisch!” “Was sollen wir tun? Gern gebe ich Vater und Mutter für dich hin.” “Bei Allah, wenn er deiner habhaft wird, schlägt er dir den Kopf ab. Steige hinter mir auf dieses Maultier. Ich führe dich zu ihm und flehe ihn um eine Schutzgarantie für dich an!” Er stieg auf, und sein Gefährte kehrte um. Immer wenn ich mit ihm an einem Wachfeuer der Moslems vorüberkam, fragten sie: “Wer da?” Sobald sie das Maultier Muhammads sahen, auf dem ich ritt, riefen sie: “Es ist der Onkel des Gesandten Allahs!” Als ich schließlich an dem Feuer Umars vorüberkam, rief er: “Wer da?” und kam auf mich zu. Als er Abu Sufyan auf dem Hinterteil des Maultiers sah, rief er: “Es ist Abu Sufyan, der Feind Allahs. Gepriesen sei Allah, der ihn ohne Vertrag und Bündnis in unsere Gewalt gegeben hat.” Er lief dann zu Muhammad. Ich spornte jedoch das Maultier an und kam ihm um soviel zuvor, wie ein saumseliges Maultier einem nicht eben flinken Mann zuvorkommt. Ich sprang ab und trat in Muhammads Zelt. Umar kam auch und rief: “O Gesandter Allahs! Hier ist Abu Sufyan, den Allah ohne Vertrag in unsere Gewalt gibt. Erlaube mir, daß ich ihm den Kopf abschlage!” Ich sagte: “Gesandter Allahs, ich habe ihn in meinen Schutz genommen.” Ich setzte mich dann zu Muhammad, faßte sein Haupt und sagte: “Bei Allah, es soll ihm außer mir in dieser Nacht niemand nahe treten.” Als Umar weitere Anschuldigungen vorbrachte, sagte ich: “Langsam, Umar, bei Allah, gehörte er zu den Banu 'Adi ibn Ka'b , dann würdest du nicht so sprechen. Du weißt aber, daß er zu den Söhnen Abd Manafs gehört!” Umar erwiderte: “Sachte! 'Abbas, bei Allah, ich habe mich am Tage deiner Bekehrung mehr gefreut, als wenn al-Khattab sich bekehrt hätte, weil ich wußte, daß es Muhammad große Freude machte! Geh mit ihm in dein Lager und führe ihn morgen früh wieder zu mir!” Ich führte ihn in mein Lager, und er brachte die Nacht bei mir zu.
Am folgenden Morgen ging ich wieder mit ihm zu Muhammad. Als dieser ihn sah, rief er: “Wehe dir, Abu Sufyan! Siehst du immer noch nicht ein, daß es keinen Gott gibt außer Allah?” Er antwortete: “Du bist mir so teuer wie mein Vater und meine Mutter. Wie mild, wie edel, wie zärtlich bist du gegen deine Verwandten! Bei Allah, ich glaube, daß wenn es noch andere Götter außer Allah gäbe, sie etwas nützen würden!” Muhammad erwiderte: “Wehe dir, Abu Sufyan, erkennst du immer noch nicht, daß ich ein Gesandter Allahs bin?” Er antwortete: “Du bist mir so teuer wie mein Vater und meine Mutter. Wie edel, wie mild, wie zärtlich bist du gegen deine Verwandten. Aber, bei Allah, was den Islam betrifft, so birgt mein Interesse noch einiges Widerstreben!” Da sagte 'Abbas: “Wehe dir! Werde Moslem und bekenne, daß es keinen Gott gibt außer Allah und daß Muhammad ein Gesandter Allahs ist, ehe man dir das Haupt abschlägt!” Da legte er das Bekenntnis ab und wurde Moslem. Ich sagte dann zu Muhammad: “Abu Sufyan ist ein stolzer Mann! Befriedige ihn!” Muhammad sagte: “Gut, wer das Haus Abu Sufyans betritt, der soll in Sicherheit sein, ebenso wer sich in seiner Wohnung einschließt oder in den Bezirk der Ka'ba geht.”
21.10 Abu Sufyan sieht die Scharen Allahs
Als Abu Sufyan gehen wollte, sagte Muhammad zu 'Abbas: “Halte ihn am Engpaß des Tales, dort wo der Berg vorspringt, zurück, damit er die vorüberziehenden Scharen Allahs sieht.” “Ich befolgte diesen Befehl,” erzählt 'Abbas, “und die Stämme zogen mit ihren Bannern vorüber. Sooft eine Gruppe vorüberzog, fragte er: ,Wer sind diese?' Als ich Sulaim nannte, sagte er: ,Was gehen mich die Sulaim an?' Das gleiche sagte er bei den Muzaina und bei den übrigen Vorüberziehenden, nach deren Namen er mich fragte. Als endlich Muhammad mit der stahlgrauen Schar vorüberzog – sie hieß ,dunkelgrüne Schar'5 wegen der vielen Waffen, die bei ihr hervorragten und wegen der eisernen Panzer – sagte er: ‘Gepriesen sei der Herr! O 'Abbas, wer sind diese?' Ich antwortete: ‘Es ist der Gesandte Allahs mit Auswanderern und Hilfsgenossen.' Da rief er: ‘Bei Allah, Vater Fadls, gegen diese vermag niemand etwas auszurichten. Das Reich deines Neffen ist mächtig geworden!' Ich erwiderte: ,Sein Prophetentum!' Er fragte: ,Und was dann?' Ich antwortete: ‘Eile zu den Deinigen!'” Als er zu ihnen kam, rief er mit lauter Stimme: “O ihr Quraischiten! Muhammad rückt heran in einer Weise, daß kein Widerstand möglich ist. Wer in das Haus Abu Sufyans geht, ist sicher!” Da erhob sich Hind, die Tochter 'Utbas, faßte ihn am Schnurrbart und rief: “Erschlagt den schmutzigen, unbrauchbaren Schlauch, den die Vorhut des Feindes schon zuschanden macht!” Abu Sufyan sagte: “Wehe euch! Laßt euch von ihr nicht täuschen! Es zieht etwas heran, gegen das ihr keine Macht habt. Wer in das Haus Abu Sufyans geht, ist sicher!” Da schreien sie: “Allah töte dich! Was kann dein Haus uns nützen?” Da setzte er hinzu: “Wer die Tür hinter sich schließt, ist auch sicher, ebenso wer in den Hof der Ka'ba geht.” Da zerstreuten sich die Leute. Die einen schlossen sich in ihren Häusern ein, die andern begaben sich in den Bereich der Ka'ba.
21.11 Muhammads Ankunft in Dhu Tawa
Abd Allah ibn Abi Bakr hat mir berichtet: “Als Muhammad nach Dhu Tawa kam und sah, welchen Sieg ihm Allahs Gnade verlieh, erhob er sich auf seinem Kamel, hüllte sich in einen Teil seines roten, gestreiften Mantels und neigte sein Haupt demütig vor Allah, so daß sein Bart nahezu die Mitte seines Sattels berührte.”
Als Muhammad in Dhu Tawa stand, sagte Abu Quhafa zu einer seiner Töchter, die zu seinen jüngeren Kindern gehörte: “O mein Töchterchen, hilf mir, (den) Abu Qabis (ein Berg bei Mekka) zu besteigen.” (Er war nämlich blind.) Als sie ihn auf den Berg geführt hatte, fragte er: “Was siehst du, mein Töchterchen?” Sie antwortete: “Ich sehe einen dunklen, gedrängten Haufen.” “Das sind die Reiter,” sagte er. “Ich sehe ferner,” fuhr sie fort, “einen Mann, der bei diesem dunkelgrünen Haufen hin und her läuft.” Er sagte: “Das ist der Befehlshaber und Anführer der Reiter.” Sie ergänzte: “Bei Allah, die dunkelgrüne Schar dehnt sich aus.” Da sagte er: “Dann sind die Reiter aufgebrochen, bringe mich schnell nach Hause!” Sie stieg mit ihm den Berg hinab, aber die Reiter begegneten ihm, ehe er in sein Haus gelangte. Einer der Reiter schnitt dem Mädchen die silberne Kette vom Hals.
Als Muhammad in der Ka'ba war, führte Abu Bakr ihm seinen Vater vor. Muhammad fragte: “Weshalb hast du den Greis nicht zu Hause gelassen, damit ich ihn dort besuche?” Abu Bakr antwortete: “Es ziemt sich eher, daß er dich besuche, als daß du zu ihm gehst.” Muhammad hieß ihn dann sitzen, faßte ihn an der Brust und sagte: “Werde Moslem!” Und er bekannte sich zum Islam. Als Abu Bakr mit ihm eingetreten war, sah sein Haupthaar aus wie eine Thaghamablume. Muhammad sagte: “Ordnet ihm die Haare anders!” Abu Bakr ergriff dann die Hand seiner Schwester und sagte: “Ich beschwöre euch bei Allah und dem Islam, gebt mir die Halskette meiner Schwester zurück.” Doch niemand antwortete. Da sagte er: “O meine Schwester, halte deine Kette versteckt oder bewahre sie gut auf! Bei Allah, die Ehrlichkeit ist heutigen Tages selten geworden!”
21.12 Wie Muhammad Mekka eroberte (Januar 630 n.Chr.)
Abd Allah ibn Nadjih hat berichtet: “Als Muhammad beim Aufbruch von Dhu Tawa seine Truppen ordnete, befahl er Zubair, mit einer Abteilung von Kuda her einzurücken. Er befehligte den linken Flügel. Sa'd ibn Ubada sollte mit einer Abteilung von Kadaa' her einziehen.” Einige Gelehrte behaupten, Sa'd habe beim Einzug gesagt: “Heute ist ein Tag des Krieges. Heute wird das Heiligtum entweiht!” Ein Auswanderer (es war Umar), der es hörte, sagte zu Muhammad: “Höre, was Sa'd sagt! Wir sind nicht sicher, ob er nicht gegen die Quraisch anstürmt.” Da sagte Muhammad zu Ali: “Hole ihn ein, nimm ihm die Fahne und ziehe du damit ein!” Abd Allah berichtet ferner: “Khalid ibn Walid, der den rechten Flügel befehligte, erhielt die Weisung, von al-Lit her durch die niedrig gelegenen Teile Mekkas einzuziehen. Bei ihm waren die Banu Aslam, Sulaim, Muzaina, Djuhaina und andere Beduinenstämme. Abu Ubaida ibn al-Djarrah zog mit Scharen von Gläubigen vor Muhammad her nach Mekka hinein. Muhammad selbst hielt seinen Einzug über Adsakhir. Als er die Höhe der Stadt erreichte, schlug man dort sein Zelt auf.”
21.13 Der Widerstand der Männer von Khandama
Safwan ibn Umaiyya, 'Ikrima ibn Abi Djahl und Suhail ibn Amr sammelten Leute in Khandama, um sie gegen Muhammad zu führen. Himas ibn Qays, ein Bruder der Banu Bakr, hatte vor dem Einzug Muhammads Waffen geschmiedet und ausgebessert. Seine Frau fragte ihn, wozu er die Rüstung brauche. Er antwortete: “Gegen Muhammad und seine Gefährten!” Da sagte sie: “Bei Allah, ich glaube nicht, daß jemand gegen Muhammad und seine Gefährten aufkommen kann.” Da entgegnete er: “Ich hoffe, dir einen von ihnen als Sklaven zu bringen.”
Er begab sich dann nach Khandama zu Suhail, Safwan und Ikrima. Als Gläubige von der Abteilung Khalids auf sie zukamen, fand ein kleines Gefecht zwischen ihnen statt. Kurz ibn Djabir und Khunais ibn Khalid, ein Schutzgenosse der Banu Munqids, die auf einem anderen Weg, von Khalid getrennt, herankamen, wurden erschlagen. Khunais fiel zuerst. Kurz nahm ihn zwischen die Beine und schützte ihn, bis auch er getötet wurde. Von den Reitern Khalids fiel auch Salama ibn al-Maila, vom Stamme Djuhaina. Von den Ungläubigen wurden 12 oder 13 Mann getötet, dann entflohen sie. Auch Himas flüchtete sich in sein Haus und befahl seiner Frau, es zu schließen.
Das Losungswort der Gefährten Muhammads am Tage der Eroberung Mekkas, sowie bei Hunain und Ta'if, war: “O Söhne Abd al-Rahmans!” für die Ausgewanderten: “Söhne Abd Allahs!” für die Khazradj und für die Aus: “Söhne 'Ubaid Allahs!”
21.14 Die Personen, deren Hinrichtung Muhammad anordnete
Muhammad hatte seinen Emiren den Befehl erteilt, beim Einzug in Mekka nur die zu bekämpfen, die ihnen feindselig gegenübertraten. Doch nannte er die Namen einiger Personen, die sie unbedingt töten sollten, selbst dann, wenn sie sich hinter Vorhängen der Ka'ba versteckten.6 Zu ihnen gehörte Ibn Sa'd7, ein Bruder der Banu Amir ibn Lu'ayy. Er hatte sich zum Islam bekehrt, für Muhammad die Offenbarung aufgeschrieben, war wieder abtrünnig geworden und zu den Quraisch zurückgekehrt. Jetzt floh er zu seinem Milchbruder Uthman ibn 'Affan. Dieser ging mit ihm zu Muhammad, als alles ruhig war, und erflehte seine Begnadigung. Man behauptet, Muhammad habe lange geschwiegen, ehe er Uthmans Bitte gewährte. Als Uthman sich entfernt hatte, sagte Muhammad zu seinen Gefährten: “Ich habe geschwiegen, damit einer von euch sich erhebe und Ibn Sa'd den Kopf abschlage.” Da sagte einer der Hilfsgenossen: “Weshalb hast du mir keinen Wink gegeben?” Muhammad antwortete: “Ein Prophet läßt nicht durch Zeichen hinrichten.” Ibn Sa'd bekehrte sich wieder. Umar und später auch Uthman verliehen ihm eine Statthalterschaft.
Ferner sollte Abd Allah ibn Khatal von den Banu Taim ibn Ghalib hingerichtet werden. Auch er hatte sich zum Islam bekehrt. Muhammad hatte ihn mit einem Hilfsgenossen ausgesandt, die Armensteuer einzufordern. Er hatte einen moslemischen Freigelassenen bei sich, der ihn bediente. Als sie unterwegs Rast machten, befahl er seinem Diener, einen Bock zu schlachten und ihm ein Mahl zu bereiten. Sein Diener schlief aber ein. Als Abd Allah erwachte und kein Mahl zubereitet war, fiel er über seinen Diener her und tötete ihn. Dann fiel er wieder zum Götzendienst ab. Auch hatte er zwei Sängerinnen (die eine hieß Fartana), die Spottlieder über Muhammad sangen. Sie sollten ebenfalls mit ihrem Herrn zusammen getötet werden.
Hingerichtet werden sollte auch al-Huwairith ibn Nuqaidh, der Muhammad in Mekka mißhandelt hatte. Als al-'Abbas Fatima und Umm Kulthum aus Mekka herausführte, um sie nach Medina zu Muhammad zu bringen, schlug Huwairith sie und warf sie zu Boden. Miqyas ibn Hubaba sollte auch hingerichtet werden, weil er den Hilfsgenossen erschlagen hatte, der aus Versehen seinen Bruder getötet hatte und dann wieder als Götzendiener zu den Quraisch zurückgekehrt war.
Sara, die Freigelassene eines Mannes von den Banu Abd al-Muttalib, und 'Ikrima ibn Abi Djahl sollten ebenfalls hingerichtet werden. Sara hatte Muhammad in Mekka beleidigt. 'Ikrima entfloh nach dem Jemen. Seine Gattin Umm Hakim, die Tochter des Harith ibn Hischam, bekehrte sich und erflehte von Muhammad 'Ikrimas Begnadigung. Muhammad begnadigte ihn. Sie zog dann aus, um ihn zu suchen, brachte ihn zu Muhammad, und er wurde Moslem. Abd Allah ibn Khatal wurde von dem Makhzumiten Sa'id ibn Huraith und von dem Aslamiten Abu Barza gemeinsam erschlagen. Miqyas wurde von Numaila, einem Mann von seinem Stamm getötet.
Von den beiden Sängerinnen Ibn Khatals wurde die eine getötet, die andere entfloh und wurde später von Muhammad begnadigt. Auch Sara wurde begnadigt. Sie starb während des Kalifats Umars im Tal von Mekka an den Folgen eines Pferdetrittes. Huwairith wurde von Ali erschlagen. Umm Hani, die Tochter Abu Talibs, erzählte: “Als Muhammad sich auf der Höhe von Mekka niedergelassen hatte, flüchteten sich zwei Makhzumiten vom Geschlecht meiner Schwiegerväter zu mir. Mein Bruder Ali kam herbei und rief: ‘Bei Allah, ich erschlage sie!' Ich schloß mein Haus hinter ihnen zu und ging zu Muhammad, der sich gerade an einem hölzernen Gefäß wusch, an dem noch Spuren von Teig waren, während seine Tochter Fatima ihm sein Gewand vorhielt. Als er sich gewaschen hatte, zog er sein Gewand an und betete das Morgengebet mit acht Knieverbeugungen. Dann ging er auf mich zu, hieß mich willkommen und fragte mich, was mich zu ihm führe. Ich erzählte ihm von den beiden Männern und von Alis Absicht. Da sagte er: ,Wen du beschützt, den beschützen auch wir; wem du Sicherheit gewährst, dem gewähren auch wir Sicherheit. Er darf die beiden nicht töten!' Die beiden waren al-Harith ibn Hischam und Zubair ibn Abi Umaiyya.”
21.15 Muhammad umkreist die Ka'ba
Nachdem Muhammad sich in Mekka niedergelassen hatte und alles ruhig war, umkreiste er auf seinem Kamel siebenmal den heiligen Bezirk und berührte den Pfeiler mit einem oben gekrümmten Stab. Als er den Tempelhof umkreist hatte, rief er Uthman ibn Abi Talha, nahm ihm den Schlüssel der Ka'ba ab, ließ sie öffnen und trat ein. Er fand eine Taube aus Aloeholz darin, die er zerbrach und wegwarf. Dann blieb er an der Tür der Ka'ba stehen, während die Leute in der Moschee umherstanden und warteten. Ein Gelehrter hat mir berichtet: “Als Muhammad am Tor der Ka'ba stand, sagte er: ‘Es gibt keinen Gott außer Allah, dem Einzigen. Er hat keinen Genossen. Allah hat seine Verheißung verwirklicht und ist seinem Diener beigestanden und hat allein die Feinde in die Flucht getrieben. Jedes Privileg, jede Blutschuld und jeden Geldraub, für die noch Ansprüche erhoben werden, trete ich hiermit unter meine Füße mit Ausnahme der Tempelhut und der Versorgung der Pilger mit Wasser. Für eine nicht vorsätzliche Tötung mit einer Peitsche oder einem Stock soll das schwere Sühnegeld bezahlt werden: Hundert Kamele, darunter vierzig Trächtige. O ihr Quraisch, Allah hat den Ahnenstolz und den Hochmut des Heidentums von euch weggenommen. Alle Menschen stammen von Adam ab, und Adam ist aus Erde geschaffen.' Dann rezitierte er vor ihnen folgenden Vers: ,O ihr Leute, wir haben euch von einem Mann und einem Weib geschaffen und in größere und kleinere Stämme geteilt, damit ihr erkennt, daß bei Allah der am angesehensten ist, der am frömmsten ist ...' (Sure al-Hudjurat 49,13). Dann fuhr er fort: ,O ihr Quraisch, was erwartet ihr von mir?' Sie antworteten: ,Nur Gutes, du bist ein edler, großzügiger Bruder und Vetter!' Er erwiderte: ‘Geht! Ihr seid frei!'8 Muhammad setzte sich dann, und Ali, den Schlüssel der Ka'ba in der Hand, trat vor ihn und sagte: ,Allah sei dir gnädig, Gesandter Allahs. Laß uns die Tempelhut mit den Pilgertränken vereinen!' Muhammad fragte: ,Wo ist Uthman ibn Talha?' Man rief ihn herbei und Muhammad sagte: ‘Hier ist dein Schlüssel, Uthman, dieser Tag ist ein Tag der Redlichkeit und Treue.'”
21.16 Bilal ruft bei der Ka'ba zum Gebet
Als Muhammad im Jahr der Eroberung mit Bilal in die Ka'ba getreten war, befahl er diesem, das Gebet auszurufen. Abu Sufyan ibn Harb, 'Attaab ibn Asid und Harith ibn Hischam saßen in einer Ecke der Ka'ba. Da sagte 'Attaab ibn Asid: “Allah war gnädig gegen Asid, daß er ihn dies nicht hören ließ, denn es würde ihn aufgebracht haben.” Harith meinte: “Bei Allah, wenn ich wüßte, daß er wahr spricht, so würde ich ihm folgen.” Abu Sufyan fügte hinzu: “Ich sage kein Wort, denn spräche ich, so würde dieser Kieselstein mich verraten.” Muhammad trat zu ihnen heraus und sagte: “Ich weiß, was ihr geredet habt,” und wiederholte ihnen ihre Worte. Da sagten al-Harith und 'Attaab ibn Asid: “Wir bekennen, daß du ein Gesandter Allahs bist, denn bei Allah, es war niemand bei uns, der dies wußte und es hätte sagen können.”
21.17 Muhammads Kanzelrede am Tag nach der Eroberung
Al-Khuza'i berichtet: “Als Amr ibn Zubair nach Mekka kam, um seinen Bruder Abd Allah zu bekriegen, ging ich zu ihm und sagte zu ihm: ,Wir waren dabei, als Muhammad Mekka eroberte.' Muhammad sagte in seiner Kanzelrede: ,O ihr Leute! Allah hat Mekka geheiligt am Tage, als er Himmel und Erde schuf. Sie wird heilig bleiben bis zum Tage der Auferstehung. Es ist keinem Gläubigen gestattet, in dieser Stadt Blut zu vergießen oder einen Baum zu fällen. Es war niemandem zuvor erlaubt und wird niemandem nach mir erlaubt sein. Es war mir nur in dieser Stunde erlaubt, weil Allah zornig war auf ihre Bewohner. Dann wurde die Stadt wieder wie zuvor geheiligt. Der Anwesende mag es dem Abwesenden verkünden. Sagt jemand zu euch: ,Muhammad habe Krieg darin geführt,’ so antwortet: ,Allah hat es seinem Gesandten erlaubt, aber nicht euch.' O ihr Khuzaiten! Enthaltet euch von Mord, selbst wenn darin euer Vorteil läge! Es ist genug gemordet worden! Ihr habt einen Mord begangen, für den ich das Sühnegeld bezahlen werde. Wird aber nachher noch jemand erschlagen, so haben die Verwandten des Getöteten die Wahl zwischen dem Blute des Mörders und dem Sühnegeld.'9 Muhammad bezahlte dann auch das Sühnegeld für den von den Khuzaiten Erschlagenen.”
21.18 Die Reden der Hilfsgenossen
Muhammad stellte sich nach der Eroberung von Mekka auf Safa und betete. Die Hilfsgenossen, die ihn umgaben, sprachen unter sich: “Glaubt ihr, daß Muhammad in seiner wiedereroberten Heimat bleiben wird?” Als Muhammad sein Gebet vollendet hatte, fragte er sie, was sie gesagt hätten und drang in sie, bis sie es ihm mitteilten. Er antwortete dann: “Ich nehme meine Zuflucht zu Allah, bei euch will ich leben und sterben.”
21.19 Als Fadaala Muhammad töten wollte
Fadaala ibn 'Umayr ibn al-Mulawwih al-Laithi wollte Muhammad im Jahre der Eroberung töten, während dieser die Ka'ba umkreiste. Als er sich näherte, fragte Muhammad: “Bist du Fadaala?” Er antwortete: “Ja, Gesandter Allahs.” “Was hast du dir vorgenommen?” fragte Muhammad. Er antwortete: “Nichts, ich dachte an Allah.” Muhammad lächelte, dann sagte er: “Flehe Allah um Vergebung an!” Er legte ihm dann die Hand auf die Brust, und alsbald beruhigte sich sein Herz. “Bei Allah,” erzählte Fadaala, “er hatte die Hand noch nicht von meiner Brust genommen, da war er mir schon das Teuerste von Allahs Geschöpfen. Ich kehrte dann zu meiner Familie zurück.”
21.20 Safwan ibn Umaiyya
Safwan ibn Umaiyya floh nach Djidda, um sich von dort nach dem Jemen einzuschiffen. Da sagte 'Umayr ibn Wahb: “O Prophet Allahs, Safwan, der Herr seines Volkes, ist vor dir geflohen, um sich ins Meer zu stürzen. Gewähre ihm Schutz! Allah sei auch dir gnädig!” Muhammad sagte: “Ihm soll Schutz gewährt sein!” Da sagte 'Umayr: “O Gesandter Allahs, gib mir ein Zeichen, an dem er seine Begnadigung erkennen kann.” Muhammad übergab ihm die Kopfbinde, die er beim Einzug in Mekka getragen hatte. 'Umayr ging damit zu Safwan, der bereits zur Abfahrt bereitstand und sagte zu ihm: “O Safwan, du bist mir teurer als Vater und Mutter. Allah! Allah! Du willst dich ins Verderben stürzen. Hier bringe ich dir Muhammads Schutzgarantie.” Safwan erwiderte: “Wehe dir! Geh weg und sprich nicht mit mir! – Du bist mir teurer als meine Eltern, aber dein Vetter ist der gütigste, reinste, mildeste und beste Mensch. Seine Stärke ist deine Stärke, seine Ehre ist deine Ehre und sein Reich dein Reich. Aber ich fürchte um mein Leben.” – “Er ist zu edel und zu mild, um dir dein Leben zu nehmen.” 'Umayr führte ihn hierauf zu Muhammad, zu dem Safwan sagte: “Dieser Mann behauptet, du habest mir eine Schutzgarantie gegeben.” – “Er hat wahr gesprochen!” – “So laß mir noch zwei Monate freie Wahl!” – “Du sollst vier Monate Bedenkzeit haben!”