Gebet als Instrument?
Wenn Sie sich inzwischen an die Tatsache gewöhnt haben, daß Sie selbst der Kontaktpunkt Gottes zum Muslim hin sind und daß es keinen denkbaren Ersatz für Sie gibt, dann werden Sie sich natürlich klarmachen, daß alles, was Sie sind und tun, sich irgendwie mit der Arbeit der Evangelisation des Muslim verbindet. Und Sie werden natürlich wissen wollen, welchen Wert verschiedene Bereiche der christlichen Lebensführung haben. Sprechen wir über die Frage, ob die Tatsache, daß Sie beten, d.h. daß Sie Gott anrufen mit Bitte und Fürbitte, direkt oder indirekt als Mittel zum Zeugnis verwendet werden kann. Sowohl Pakistanis als auch Ausländer suchen in dieser Frage eine Antwort. Ein Grund dafür ist, daß der Muslim uns ständig daran erinnert. Er betet fünfmal am Tag - und Sie beten nur einmal in der Woche. Man kann viele Christen hören, die sich und ihre Glaubensgenossen gegen diesen Vorwurf verteidigen, indem sie dem Muslim etwas erzählen über das Gebetsleben, das sie selber und andere haben, und sie versuchen dann, dem Muslim auf irgendeine Weise zu zeigen, daß gute Christen genauso treue Beter sind wie treue Muslime. Andere versuchen, das Gebetsleben des Muslim zu kritisieren und ihm auf diese Weise zu zeigen, daß ihr eigenes Gebetsleben weit überlegen ist. Einige von diesen Versuchen sind offenkundig verkehrt, z.B. der Versuch des Pastors, der in seiner Kirche die Glocken morgens und abends als Ruf zum Gebet läuten ließ, "damit die Muslime merken, daß wir jedenfalls zweimal täglich beten".
Die Muslime sind zweifellos am Gebetsleben der Christen interessiert. Sie haben Freude daran, wenn sie hören, daß Menschen viel beten. Sie sind auf den Arzt eingeschworen, der seine Hände zum Gebet erhebt, bevor er seine Operation beginnt; sie achten den Christen, der sogar in der Eisenbahn mit seiner Familie ein Gebet hält, auch wenn andere zusehen. Deswegen sind die Christen geneigt, in den Irrtum zu verfallen, es werde ein Anknüpfungspunkt sein, wenn der Muslim etwas über unser Gebetsleben weiß.
Unser Herr hat gesagt, daß unser Gebet nicht so sein soll wie das der Leute draußen. Das Gebet der Muslime: Fünfmal täglich wird zum Gebet gerufen, denn wie Sure IV,4 sagt, ist das Gebet an feste Zeiten gebunden. So etwas wie Zuspätkommen gibt es nicht: Entweder man betet zur vorgeschriebenen Zeit, oder man läßt es bis zum nächsten Mal. Vor jedem Gebet sind bestimmte Waschungen vorgeschrieben, je nachdem, was man seit der letzten Gebetszeit getan hat. Der ganze Gebetsgottesdienst muß in arabischer Sprache gehalten werden. Einzelne moderne Muslime leugnen das, aber die große Masse der Muslime wird daran festhalten, da der Gebetsgottesdienst von Allah nur in Arabisch angenommen wird, gleichgültig, ob der Beter selbst es versteht oder nicht. Sicherlich haben Sie einmal einen Muslim beim Gebet beobachtet. Es gibt zehn verschiedene Haltungen, die er einnehmen muß, dazu gehören Stehen, Sichverneigen, Knien und Sich-auf-die-Erde-Werfen. Jede dieser Haltungen muß ganz korrekt sein, und die Worte müssen bei jeder Haltung der Vorschrift entsprechen.
Der Wortlaut des Gebets ist folgender:
(Sure 1 und Sure 112 nach: Der Heilige Qur-an, Arabisch-Deutsch usw..
Verlag Otto Harrassowitz, Wiesbaden 1954)
"Gott ist groß!"
"Heiligkeit Dir, o Gott! Preis sei Dir!
Groß ist Dein Name! Groß ist Deine Größe!
Es gibt keinen Gott außer Dir!"
"Ich suche die Zuflucht Gottes vor Satan, dem verfluchten!"
"Im Namen Gottes, des Barmherzigen, des Gnädigen."
Sure 1
"Preis sei Gott, dem Herrn der Welten! Dem Gnädigen, dem Barmherzigen!
Dem Herrscher am Tage des Gerichtes!
Dir allein dienen wir, und zu Dir allein flehen wir um Beistand.
Nur Dich verehren wir, nur zu Dir rufen wir um Hilfe.
Führe uns auf den rechten Weg, den Weg derer,
denen Du Deinen Segen gewährt hast, die nicht Dein Mißfallen erregt haben (Sure 112)
und die nicht irregegangen sind. Amen."
"Sage: Er ist Gott, der Einzige, Gott, der Ewige!"
"Er zeugt nicht und ward nicht gezeugt; und keiner ist ihm gleich." "Gott ist groß!"
"Ich erhebe die Heiligkeit meines Herrn, des Großen!"
"Ich erhebe die Heiligkeit meines Herrn, des Großen!"
"Ich erhebe die Heiligkeit meines Herrn, des Großen!"
"Gott hört den, der Ihn preist."
"Gott hört den, der Ihn preist."
"O Herr, Du seist gepriesen. Gott ist groß!"
"Ich erhebe die Heiligkeit meines Herrn, des Allerhöchsten!"
"Ich erhebe die Heiligkeit meines Herrn, des Allerhöchsten!"
"Ich erhebe die Heiligkeit meines Herrn, des Allerhöchsten!"
"Gott ist groß! Gott ist groß!"
"Ich erhebe die Heiligkeit meines Herrn, des Allerhöchsten!"
"Ich erhebe die Heiligkeit meines Herrn, des Allerhöchsten!"
"Ich erhebe die Heiligkeit meines Herrn, des Allerhöchsten!"
"Gott ist groß!"
"Die Anbetung der Zunge gilt Gott, ebenso die Anbetung des Leibes und das Almosengeben!"
"Friede sei mit Dir, o Prophet, und das Erbarmen Gottes und Sein Segen!"
"Friede sei über uns und über alle rechtgläubigen Diener Gottes!"
"Ich bezeuge, daß es keine Gottheit außer Gott gibt;
und ich bezeuge, daß Mohammed der Diener Gottes und der Botschafter Gottes ist!
O Gott, sei gnädig über Mohammed und seine Nachkommen,
wie Du gnädig gewesen über Abraham und seine Nachkommen."
"Du bist zu preisen, und Du bist groß."
"O Gott, segne Mohammed und seine Nachkommen, wie Du
gesegnet hast Abraham und seine Nachkommen!"
"Du bist zu preisen, und Du bist groß!"
"O Gott, unser Herr, gib uns die Segen dieses Lebens
und den Segen des Ewigen Lebens. Erlöse uns von der Qual des Feuers."
Dieses alles endet mit dem, was der "Friede" genannt wird, wenn der betende Mensch zuerst den Kopf nach rechts und dann nach links wendet und zu den Engeln dort sagt:
"Der Friede und das Erbarmen Gottes sei mit Euch."
Vielleicht sind Sie erstaunt, zu sehen, das der Inhalt wenig bietet, dem ein Christ nicht zustimmen könnte, abgesehen von dem, was sich auf Mohammed selber bezieht. Aber auch wenn man diese Teile streichen würde, könnten wir trotzdem nicht am Gebet des Muslim teilnehmen. Warum?
Von einigen kleineren Veränderungen je nach der Anzahl der Wiederholungen abgesehen, ist dies das vollständige Gebet. Wird es einmal ganz rezitiert, so nennt man das ein "rak'at". Man ist verpflichtet, es zweimal am Morgen, viermal am Mittag, viermal am Nachmittag, dreimal am Abend und noch viermal, bevor man ins Bett geht, zu rezitieren. Mit anderen Worten, der Mann, der seine Pflicht tut, wiederholt dies eine Gebet siebzehn mal am Tag! Dann werden Sie sehen, daß in diesem Gebet ein Satz neunmal vorkommt, nämlich, "Ich erhebe die Heiligkeit meines Herrn, des Allerhöchsten!" Das bedeutet, daß der Muslim, der nur seine Pflicht tut, diesen Satz täglich 153mal wiederholt.
Dieser Gebetsgottesdienst ist eine der wichtigsten Erscheinungsformen des Islam. Jeder Muslim weiß, wie er dieses Gebet wiederholen muß zu verschiedenen Zeiten am Tag, bis tief in die Nacht hinein. Das versteht er unter Spiritualität. Deswegen macht er sich über uns lustig, weil wir nur an einem Tag der Woche beten. Aber wenn er Christen näher kennenlernt, ihre Morgenandacht und Abendandacht, die Andacht der Mitarbeiter und die Andacht mit den Patienten, die Andacht für die Studenten und die Andacht für die Hausangestellten, unsere Familiengebete und unsere privaten Gebete, unsere Gebetsversammlungen mitten in der Woche und an besonderen Gebetstagen, dann versteht er uns. Mit Murren oder Freude gibt er zu, daß wir auch spirituell sind. Natürlich ist unser Gebetsleben nicht ganz auf seinem Niveau; während seins vollkommen und geregelt ist, wird unser Gebet frei formuliert, ohne daß die Worte oder die Zeiten richtig festgesetzt sind; immerhin, er versteht uns; er denkt, er habe ein Bindeglied zwischen ihm und den Christen gefunden.
Das Gebet gilt also als ein Gradmesser der Spiritualität. Der besonders spirituelle Muslim wird nach den Regeln das vorgeschriebene Gebet 75mal täglich wiederholen, der gute Muslim 20 oder mehrmals am Tag, der normale Muslim, der nur seine Pflicht tut, 17mal, der faule, nicht so spirituelle Muslim nur an Festtagen. Meinen Sie nicht auch, daß der Christ, der nur einmal am Tag betet, nicht so "spirituell" ist wie derjenige, der dreimal am Tag betet? Und der Mann, der sich bei einer Gebetsversammlung besonders hervortut, viel mehr geistliches Wachstum zeigt als der, der sich niemals zu Wort meldet?
Was ist denn nun eigentlich falsch an diesem Drang nach so einer endlosen Kette des Gebets? Warum gab uns Christus das Gebet des Herrn als so ein herrliches Modell der Kürze?
Warum hat er uns gesagt, daß wir nicht viel plappern sollen wie die Heiden? (Mt 6,7).
Unser Herr spricht energisch gegen die vielen Worte im Gebet, weil er eine ganz andere Vorstellung von Gott und vom Menschen hat. Die allgemeine Religiosität des Menschen zeigt sich auch in der Vorstellung, daß das höchste Wesen verherrlicht und zum Handeln bewegt wird durch die Quantität des Gebets. Dabei ist vorausgesetzt, daß der Mensch in der Lage ist, eine Quantität zu leisten, bei der die Qualität nicht leidet. Beides ist falsch.
Die Offenbarung Gottes als eines Vaters bedeutet nicht, daß Gott vermenschlicht wird. Er bleibt in jedem Sinn des Wortes Gott und wohnt in einem Licht, da niemand zukommen kann, und zugleich ist er Dein Vater, Dein Ursprung. Er weiß, was Du brauchst, längst, ehe Du ihn darum bittest; und er wird Dir nicht einen Stein geben anstelle von Brot oder eine Schlange anstelle eines Fisches. Schau auf die Vögel und auf die Blumen! Sie alle dienen dem Zweck, für den sie geschaffen sind, und nicht ein Vogel wird getötet, nicht eine Blume verwelkt ohne den Willen Gottes. Warum dann näherst Du Dich ihm, als ob eine große Menge von Gebeten notwendig sei, um ihn in Bewegung zu setzen oder von ihm zu erreichen, was Du brauchst? Bitte mit aller Macht, das ist notwendig und natürlich; aber bitte, denke daran, mit wem Du redest!
Der Mensch vermutet, daß er die Menge des Gebets vermehren kann, ohne die Qualität zu vermindern. Wenn ich das Gebet des Herrn am Morgen und am Abend jeden Tag meines Lebens sage, ist das eine leere Wiederholung? Das kann es natürlich werden; es muß es nicht werden; unter bestimmten Umständen ist es sehr wahrscheinlich, daß es eine leere Wiederholung wird (wie oft wird dies Gebet von Gruppen gemeinsam gesagt!). Jedenfalls macht unser Herr uns recht deutlich, daß viele Worte beim Gebet dasselbe sind wie plappern. Man kann es wenden, wie man will, ob es die tibetanische Gebetsmühle ist oder die römische oder hochkirchliche Liturgie oder die pietistische Gebetsversammlung: Der Mensch ist einfach nicht in der Lage, eine Massenproduktion zu leisten, ohne daß es gedankenloses Plappern wird. Gerade dieser Ruf zur Massenproduktion wird von der allgemeinen Religiosität unterstützt und gefordert. Unser Herr sagte dazu: Nein!
Weil Christus einzigartig ist, ist alles, was Christus angeht, auch einzigartig. Wenn also der Muslim "Nein" zu Christus sagt, dann wird er (wenn man es richtig versteht) auch Nein sagen zu allem, was zu Christus gehört. Also, wenn Ihr muslimischer Freund Ja sagt zu Ihrem Gebetsleben und Nein zu Ihrem Christus und er das Gefühl bekommt, daß er jedenfalls an diesem Punkt mit Ihnen übereinstimmt, dann haben Sie guten Grund zu vermuten, daß etwas falsch ist in Ihrem christlichen Leben.
Wenn ein Muslim Sie angreift, weil Sie so wenig Gebet produzieren, dann haben Sie eine großartige Gelegenheit, ihm etwas von der Vaterschaft Gottes zu erzählen, wie sie in und durch Jesus, unseren Herrn, offenbart worden ist.
Unser Herr griff die Beter seiner Zeit an, weil sie öffentlich beteten. Um Mißverständnisse zu vermeiden: Christus hat nicht ein Mal den öffentlichen Gottesdienst im Tempel oder in der Synagoge kritisiert. Daß Menschen Gott in der Gemeinde der Heiligen verehren sollten, ist ein Gedanke so alt wie das ganze Judentum. Die Öffentlichkeit des Gemeindegottesdienstes, wo der einzelne einer in der Gruppe ist, war aber dem Pharisäer nicht genug. Viele Menschen, die Pharisäer nur aus dem N.T. kennen, stellen sich darunter eine verächtliche, arrogante Religionsbewegung, eine kleine Gruppe fanatischer Juden vor. Das Gegenteil ist wahr. Der Pharisäismus war in Wirklichkeit das Rückgrat, das stabile Element im jüdischen Leben. Die Pharisäer waren die geachteten und gewissenhaften Gemeindeglieder. Die großen Massen schauten zu ihnen auf, wurden von ihnen unterrichtet und folgten ihnen. Das waren die Leute, die sich nicht schämten, ihren Glauben zu bekennen; sie machten sich eine Ehre daraus, ihren Glauben zu bezeugen, indem sie öffentlich gute Taten taten, indem sie im Gottesdienst oder an den Straßenecken aufstanden und ihr Gebet sagten oder indem sie fasteten und die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machten. Diese Leute ehrten Gott auf der einen Seite und waren gute Beispiele für die gewöhnlichen Leute auf der anderen Seite.
Erinnern Sie sich daran, daß im Judentum Jahwe der allmächtige Herrscher, der König der Könige, der Herr der Heerscharen war. Die Juden waren in einem besonderen Sinn seine Untertanen, sein Volk. Er wurde geehrt und gerühmt, wenn seine Untertanen ihm öffentlich Unterwerfung und Anbetung erwiesen. Für sie war der Messias, der kommen sollte, ein Königsmessias. Mit anderen Worten, die Grundbeziehung zwischen Gott und seiner Schöpfung, besonders den Juden, war die eines Königs und seiner Untertanen.
Wir müssen nur zurückgehen bis zu Akbar dem Großen, um das Bild eines mächtigen orientalischen Despoten zu sehen. Die Leute, die diesem großen Potentaten eine Bitte einreichen wollten, mußten auf ihren Knien zu seinem Thron kriechen, während der Hofstaat zuschaute und über die Größe des Herrschers staunte. Oder um ein moderneres Bild zu nehmen: Achten Sie doch einmal auf die Schönheit, die Disziplin und die stramme Unterwerfung bei einer großen Parade, wenn ein Staatsmann den Salut der Armee entgegennimmt. Die Pharisäer verbanden ihre Vorstellung vom Gebet logisch mit ihrer Vorstellung von Gott. Ihre Gebete waren eine Art freiwillige Parade vor Gott. Die Muslime, die dieselbe Vorstellung von Gott haben, tun dasselbe. Vom Anfang bis zum Ende ist ein muslimischer Gebetsgottesdienst eine Art Parade. Der Muslim darf im Notfall das Gebet bei sich selbst sprechen, aber ihm ist größerer Lohn verheißen, wenn er es in der Gemeinschaft anderer Gläubiger und öffentlich sagt. Ich habe sogar Muslime argumentieren hören, daß das Gebet überhaupt keinen Sinn habe, wenn es nicht von anderen gesehen würde, denn Gott würde dadurch nur geehrt, wenn dieser Akt der Anbetung und der Unterwerfung von anderen gesehen werde.
Unser Herr griff an diesem Punkt hart und kräftig an - so hart, daß es noch uns wehtut. Sein Verständnis von Gott und sein Verständnis vom Menschen war grundsätzlich anders. Von Gott sagte er: Gott ist König und Schöpfer, sogar die Teufel wissen das; aber soweit es Dich betrifft, ist er vor allen Dingen Dein Vater. Kein König als Vater ist zufrieden, wenn sein Sohn nur eine Parade-Beziehung zu ihm hat. Kein Sohn eines Königs ist jemals mit seinem Vater zurecht gekommen, indem er sich vor dem König in der Audienzstube einfach verneigt. Unser Vater ist im Himmel, sein Name ist heilig, sein Königreich kommt, sein Wille wird getan - aber immer noch ist er Dein Vater. Und Du bist sein Sohn. Es ist ein Unterschied, ob man der Sohn eines Königs ist oder nur sein Untertan. Dieser Unterschied wird sich in einer engen persönlichen Beziehung zeigen. Auf der einen Seite hat der Sohn es sehr schwer; es wird viel mehr von ihm erwartet. Auf der anderen Seite hat er als ein Sohn Gottes eine viel gesegnetere Zeit, denn er hat durch den Leib Christi eine enge und persönliche Beziehung zu dem König, die Hoffnung, Freude und Vertrauen hervorbringt. Es ist so leicht, diese persönliche Beziehung zu Gott beiseite zu schieben, indem man sich einfach strikt an den paradeartigen Gottesdienst hält und es dabei beläßt.
Unser Herr hatte ein sehr realistisches Bild von der gefallenen Natur des Menschen. Er hat uns nicht nur Gottes Vaterschaft gezeigt; sondern er hat auch die übliche Praxis der besten Kirchenleute seiner Zeit auf der menschlichen Ebene angegriffen. Denn sie waren im letzten Grunde in Wirklichkeit gar nicht interessiert daran, den Ruhm Gottes zu erweisen, sondern ihre eigene Gerechtigkeit und Frömmigkeit vor Gott unter den Menschen darzustellen.
Man kann es vielleicht folgendermaßen illustrieren: Der Soldat nimmt an der Parade teil, und der König nimmt die Parade ab. Aber die Mutter des Soldaten, seine Frau oder seine Freundin sind in der Menge, und sie suchen ihn mit den Augen. Er hat eine feine, saubere, glänzende Uniform an, sein Marschieren ist perfekt, er tut alles, was man von ihm erwarten kann, ganz hervorragend. Warum aber? Weil er weiß, da ist in dieser Menge eine Frau, und der möchte er einen guten Eindruck machen. Er geht deswegen in der Parade so perfekt, daß auch der König seine Freude daran haben kann. In Wirklichkeit spielt dieser Soldat sein Spiel für beide Seiten. Er spielt Theater für den König, weil er in Wirklichkeit ja versucht, der Frau Eindruck zu machen, und er spielt Theater für die Frau, weil alle seine Bewegungen den Eindruck erwecken sollen, er gebe dem König die Ehre, während er in Wirklichkeit nur sich selber in die Gedanken der Frau einprägen möchte.
Unser Herr sagte: Bitte, seid nicht wie diese Theaterspieler, die es gerne haben, in den Kirchen, in den Moscheen und an den Straßenecken aufzustehen und Gebete aufzusagen, damit sie von den Menschen gesehen werden. Deswegen sagte unser Herr: Gebet ist keine Parade. Geh nach Haus, schließe die Tür und bete in der Stille! Daraus kann man nur eine Folgerung ziehen: Wenn der Christ, Pakistani oder Ausländer, sich wirklich klar ist über das Einzigartige am christlichen Gebet, dann muß er den Gedanken verabscheuen, daß sein Gebetsleben in irgendeiner Weise als "Instrument des Zeugnisses" für den Muslim benutzt werden könnte oder sollte. Das Fehlen eines öffentlichen Gebetslebens ist etwas, was den Muslim wahrscheinlich irritiert und verwirrt; aber es gibt dem Christen eine wunderbare Gelegenheit, Christus deutlich zu machen (obwohl es ihn einiges kosten kann, das zu tun), denn er wird dabei dem Muslim keinen Christus deutlich machen, der ihm gut gefällt und den er liebt, sondern den Christus des Neuen Testaments, der seine Religiosität eindeutig verurteilt.
Nun bleibt nur noch ein wichtiger Punkt übrig. Beten heißt: bitten, flehen, fordern. Als die ersten Jünger durch die Weizenfelder zogen mit ihrem Herrn an einem kühlen, frischen Morgen und er deutete auf die Vögel und die Blumen, um den Gott zu zeigen, der für seine eigenen Leute sorgt, da war es nicht so schwierig zu glauben. Aber als das Boot sich füllte mit den schäumenden Wellen und nahe daran war zu sinken, da waren die Vögel und die Blumen vergessen, und die Jünger schrien in einem Anfall von Furcht: Willst Du, daß wir alle verderben? Steh auf und hilf uns. Unser Herr half ihnen, aber er sagte: "O Ihr mit Eurem kleinen Glauben!" - Ist es nicht wahr, wenn die kalten Wogen des Lebens uns herumschieben, daß wir schreien wie der Vater, der seinen von Dämonen besessenen Sohn dem Herrn brachte: "Ich glaube, hilf Du doch meinem Unglauben?"
Was ich gerne klarmachen möchte, ist dies: Das Gebet im engen, biblischen Sinne der Bitte ist nicht ein Anzeichen von reicher Spiritualität, das andere dazu bringen kann, vor Staunen den Mund aufzureißen; sofern es echt ist, ist es der paradoxe Schrei des Glaubens, der durch die dicken Wogen des Unglaubens kommt.
Wenn der Muslim gerne etwas wissen möchte von Ihrem Gebetsleben, dann erzählen Sie ihm offen (und natürlich auch freundlich), daß das nicht seine Sache ist, und erklären ihm, warum. Es kann ja sein, daß der Heilige Geist Ihre Worte brauchen wird, ihm seine Augen zu öffnen, so daß er dann Christus sehen kann; wenn nicht, dann seien Sie sicher, daß Sie einen neuen Feind bekommen haben, denn obwohl Sie wahrscheinlich den Islam nicht erwähnten, wird alles, was Sie sagen, einen der fünf großen Pfeiler des Islam aus den Angeln heben, nämlich den "Salat" oder das tägliche Gebet. Und so soll das auch sein. Er verwirft Christus, deshalb muß ihm klargemacht werden, daß er damit alles ablehnt, was zu Christus gehört.