Die Heilige Schrift in Mohammeds Sicht

Wenn wir über den Koran nachdenken, dann tun wir das nicht als Religionswissenschaftler, sondern als Glieder der kämpfenden Kirche. Dabei müssen wir von den Tatsachen ausgehen, selbst wenn es nur wenige sind. Wir müssen den Koran als ein Ganzes nehmen, nicht als eine Sammlung verschiedener Stücke. Welche Auffassung hatte Mohammed selbst von seinem Buch? Die erste und wichtigste Antwort ist, dass er der Meinung war, der Koran sei eine Offenbarung (Sure 97: Die Nacht der Offenbarung. 77: offenbart in Schritten. 26: offenbart in Arabisch. 43: offenbart durch einen Geist. 10. offenbart zu Leuten, die nur Mensch sind. 53,4: Wahrhaftig, der Koran ist nichts anderes als eine Offenbarung). Diese Aussage haben Sie wahrscheinlich schon oft gehört. Aber hat Paulus seine Schriften als Offenbarung angesehen? Oder Lukas? Oder Daniel? Die Propheten des Alten Testaments wussten sich von Gott gesandt, bei bestimmten Gelegenheiten bestimmte Botschaften zu überbringen. Aber schrieben sie Bücher, von denen sie behaupteten, sie wären vom Himmel als Offenbarung gesandt?

 

Meistens war die Entwicklung in religiösen Gemeinschaften anders. Jemand schrieb das eine oder andere auf, weil er das für nötig hielt. Später - manchmal Jahrhunderte später - verlieh die Gemeinschaft solchen Schriften kanonische Geltung, weil sie eine ewige Wahrheit in dieser Schrift fand, die Zeit und Raum überragt. Paulus schrieb seinen Brief an die Galater, eine Gruppe von Christen, die Hilfe brauchten. Was er aber zu sagen hatte, erwies sich als so wesentliche und klare Aussage über das echte Christentum, dass der Brief an andere Gemeinden geschickt wurde; schließlich wurde er in die Heilige Schrift des Neuen Testaments aufgenommen.

 

So etwas gibt es nicht nur im Christentum, sondern auch im Judentum und in anderen alten Religionen. Aber manchmal ist jemand aufgetreten wie Mohammed und hat seine eigenen Aussagen als Worte Gottes dargestellt. Doch so handelten nur wenige. Was Mohammed sagt, bedeutet: "Diese meine Äußerungen sind nicht mein. Ich bin nur das Sprachrohr Gottes, sein Agent. Du musst meine Worte annehmen, weil sie im Himmel ewig sind, als Eigenschaften Gottes. Aber sie sind in klarer, verständlicher Sprache, und sie sind für dich bestimmt. Wer sie verwirft, dem droht die Hölle. Wer sie annimmt, wird die Herrlichkeit des ewigen Paradieses empfangen."

 

Merken Sie, wohin uns das führt? Ehe wir (als Glieder der Kirche) den Koran öffnen, müssen wir schon Stellung beziehen und sagen: Dies kann keine Offenbarung sein, weil Gott sich nicht in Büchern offenbart. Die Idee, dass Gott sich in Büchern offenbart, ist eine heidnische Idee. Man kann sie in heidnischen Schriften seit 2500 vor Christi Geburt finden, man kann sie in jüdischen Traditionen über die Thora finden, aber nicht in der Thora selber. Auf dieser Grundlage ruht der Islam.

 

Vor Jahren nahm ein junger Muslim, der niemals das Neue Testament gesehen hatte, eins mit nach Hause und las es. Später sagte er spöttisch lächelnd: "Dies Buch hat gar nichts Göttliches an sich. Ich möchte gern das echte injil haben, das vom Himmel herunter kam."

 

Ich habe ihm gesagt, dass in der ganzen Geschichte der Menschheit niemals ein Buch vom Himmel gekommen sei, und ich erklärte ihm den Prolog des Johannesevangeliums und die ersten Verse des Hebräerbriefes.

 

Sie können also, was auch der Inhalt sein mag, Mohammeds Behauptung nicht akzeptieren, dass sein Buch Offenbarung ist, weil die Kirche lehrt, dass Gott sich durch das lebendige Wort offenbart, durch sein Handeln in der Geschichte. Die Bücher können uns nur von seinem Wort und von den zugehörigen göttlichen Taten in der Geschichte berichten. Mohammed musste nicht nur den Inhalt des Buches als göttlich verteidigen, sondern er war auch genötigt, die Vorstellung, dass sein Buch Offenbarung sein könnte, zu verteidigen. Dieser zweifache Kampf ist im Koran erkennbar.

 

Es ist schwer, im Koran etwas zu finden, was nicht ein intelligenter Mensch, der die Gedanken der Juden, Christen, Araber und Manichäer kannte, ohne besondere Inspiration und Offenbarung geschrieben haben könnte. Mohammed hat auch niemals behauptet, dass seine Ideen unableitbar und ohne göttliche Inspiration unverständlich sind. Im Gegenteil, er behauptet, dass seine Religion dieselbe wie die des Adam und Abraham sei. Auf der anderen Seite behauptet er, dass der Koran ein dauerndes Wunder ist (Sure 4,94,9; 16,46; 7 und viele andere).

 

Mohammed forderte die Dichter, die Seher und die Wahrsager heraus, etwas zu verfassen, das dem Koran auch nur vergleichbar sei. Wer denn könnte so reines Arabisch verwenden und so einen wunderbaren und perfekten Rhythmus dichten wie den des Koran? Dieses Buch als literarisches Produkt, behauptet er, sei ein Wunder, das seinen göttlichen Ursprung beweist oder doch jedenfalls anzeigt.

 

Für uns ist es nun ganz unerheblich, ob dieser Anspruch Mohammeds für den Koran erwiesen werden kann oder nicht. Moderne Muslime meinen, das sei möglich. Andere, z.B. die Multaziliten, meinten, es sei nicht möglich. Wir müssen fragen: Ist es wahr, dass Gott in übernatürlicher weise, unabhängig vom Gehalt der Botschaft, den Verstand des Hörers nötigt, den Inhalt der Botschaft anzunehmen, gleichgültig, worum es sich handelt? Gleichgültig, wer der Botschafter ist? Oder ist das Gegenteil wahr, nämlich, dass die Botschaft ihren Beweis in sich trägt und dass der Botschafter oft genug von Menschen angegriffen oder gar getötet wird?

 

Unser Herr sagt, dass den Ungläubigen kein anderes Zeichen gegeben werden wird als das Zeichen des Jona. Das bedeutet in seinem Fall, dass der Botschafter getötet und beerdigt werden und wieder auferstehen wird. Ein Buch, dessen Autorität in dieser Weise verfochten wird, kann kaum die Offenbarung darstellen, die es beansprucht zu sein.

 

Wir wollen einmal für einen Augenblick davon ausgehen, dass der Koran die allervollständigste und vollkommenste Literatur ist, die es jemals unter Menschen gegeben hat. Im letzten Grunde bleibt er dann doch innerhalb des menschlichen Bereiches. Die Perfektion kann man erst beweisen, wenn man ihn mit anderen menschlichen Produkten vergleicht. Seine Worte und Sätze und der Fluss des Rhythmus, das sind alles menschliche Produkte, die man mit anderen menschlichen Produkten vergleichen kann. Wenn es wirklich stimmte, dass der Koran das schönste Stück Literatur der Welt ist, dann wäre es immer noch nur bewiesen, dass Mohammed literarisch begabt war, weiter nichts.

 

Die Kirche hat immer die Meinung vertreten, dass die Menschlichkeit Jesu Christi eine vollkommene Menschlichkeit war. Wenn wir nun der Argumentation Mohammeds folgen, könnten wir sagen, diese vollkommene Menschlichkeit sei der Grund, dass wir unseren Herrn als göttlich annehmen. Auch ein Muslim kann begreifen, dass so ein Argument trügerisch ist.

 

Die Auffassung Mohammeds von seinem Buch ist nicht mit unserer Auffassung vereinbar. Zum Beweis der Echtheit des göttlichen Charakters einer Offenbarung ist ein Wunder weder nötig noch beweiskräftig.

 

Wahrscheinlich ist aber der Grund, warum Mohammed sein Buch als wunderbar auffasste, sein Glaube daran, dass der Koran wörtlich inspiriert ist.

 

Alles, was direkt vom Himmel kommt, muss vollkommen sein. Mohammed ist nicht auf einen besonderen Rang als Poet oder literarischer Genius aus. Er will, dass die Leute seine Prophetie als echt annehmen. Die Tatsache der literarischen Vollkommenheit des Korans sollte erweisen, dass Mohammed gar nicht der Verfasser sein konnte, sondern nur der Übermittler, dem der Koran zur Weitergabe anvertraut war.

 

Unser Herr selber schrieb kein Buch, und er gab seinen Aposteln keine Weisungen, Bücher zu schreiben. Er schuf einen lebendigen Glauben in ihnen und sagte ihnen, der Heilige Geist werde sie in alle Wahrheit leiten, wenn die Gelegenheit das nötig machte. Seine Befehle waren: Predigt - und evangelisiert die ganze Welt. Als sie damit anfingen, besaßen sie kein Buch, ausgenommen das Alte Testament.

 

Aber durch die mündliche Predigt entstand christliche Gemeinde. Ein bekehrter jüdischer Theologe, der unseren Herrn auf der Erde nie gesehen hatte, wurde wohl der erste christliche Schriftsteller. Er behandelte theologische und praktische Probleme dieser neuen Gemeinden. Er schrieb ein paar Briefe an Freunde und Mitgläubige und versuchte, ihnen auf die eine oder andere Weise zu helfen. Es gibt keinerlei Grund anzunehmen, dass die ursprünglichen Empfänger dieser Briefe sie als heilige Schriften lasen und ansahen. Das Leben des Christentums lag im Glauben, der durch Christus entstanden und allen gemeinsam war, aber nicht in einem Buch.

 

Im Islam hängt das Leben vor allen Dingen am Koran; im Christentum hängt es an der Gemeinschaft der Gemeinde, die mit Christus als ihrem Haupt verbunden ist. Das Neue Testament selber ist - menschlich gesprochen - ein Ergebnis dieses Zusammenhalts in der Gemeinde. Deshalb wird es uns nicht allzusehr verwirren, wenn man mit guten Gründen eines Tages nachweisen könnte, dass Paulus etwa den 2. Korintherbrief nicht geschrieben hat oder dass einige Abschnitte in den Evangelien "unecht" sind.

 

Als den muslimischen Autoritäten klar wurde, dass es verschiedene Fassungen des Koran in verschiedenen Zentren des Reiches gab, gaben sie den Befehl, einen einzigen Text herzustellen. Seitdem ist es lebensgefährlich, diesen offiziellen Text zu ignorieren und sich auf eine ältere Fassung zu beziehen. Verbalinspiration führt dazu, die Geschichte zu ignorieren. Die Muslime haben Mühe herauszufinden, warum die Offenbarungen nicht in der richtigen Reihenfolge sind. Von den 114 Suren sind wahrscheinlich 92 in Mekka offenbart und die anderen in Medina. Die Suren bestehen oft aus verschiedenen Teilen, die im Abstand von mehreren Jahren "herabkamen". Bei manchen ist es ganz unmöglich zu erkennen, welche Situation der Anlass für eine bestimmte Offenbarung war.

 

Es gibt verschiedene Meinungen in der Frage, wie es denn zugegangen sei, dass der Koran in seiner gegenwärtigen Form zusammengestellt wurde. Die Antwort auf diese Frage könnte interessant sein, aber sie ist nicht allzu wichtig. Denn weder Mohammed noch seine unmittelbaren Nachfolger hatten ein Gefühl für Geschichte. Es war nicht nötig, die Texte mit Situationen zusammenzubringen. Die Muslime behaupten, dass, gerade weil die Offenbarungen so unabhängig von den Situationen sind (die doch der Anlass waren, dass sie vom Himmel kamen), man sie überall verwenden kann.

 

Das Christentum auf der anderen Seite weiß nichts von einer Offenbarung, die in der Luft hängt, zwischen Himmel und Erde. Es behauptet, dass das lebendige Wort in eine konkrete Situation hinein gesprochen wurde. Gott handelt durch sein Wort in der Geschichte.

 

Mohammed glaubte (jedenfalls eine Zeit lang), dass der Koran in der Folge der heiligen Schriften stände. Es gab eine Zeit, in der Mohammed behauptete, sein Koran sei ein Buch wie die anderen, die dem Moses oder David oder Jesus oder vielen anderen gegeben worden seien. Er meinte, Gott habe dem Adam seine Religion gegeben, die sehr einfach war. Er sollte den einen, wahren Gott verehren, ihm gehorchen und den Polytheismus, die Götzendienerei, meiden. Er sollte sich vor Augen halten, dass es ein Leben nach dem Tode gibt und einen Tag des Gerichtes, deshalb sollte er gut sein und freundlich zu allen Kreaturen Gottes und jedermann seine Schuldigkeit leisten. Aber während sich die Menschheit über die Erde ausbreitete, ging die Geschichte verkehrt, und Gott musste Warner senden, einige mit Büchern und einige ohne Bücher. Diese Warner wurden zu allen möglichen Nationen gesandt, wenn es notwendig war. Obwohl die Offenbarung, die sie brachten, im wesentlichen inhaltlich dieselbe war, die Adam erhalten hatte, so war sie doch jedes Mal auf die besonderen Irrtümer der Leute, zu denen sie gesandt war, ausgerichtet; sie erging natürlich in ihrer Muttersprache, damit sie keine Ausrede hatten. Aber bis zur Zeit des Mohammed hatten die Araber noch keinen Warner oder kein göttliches Buch erhalten. Jetzt war Mohammed berufen, ihr Warner zu sein, und das Buch, das er brachte, war der Koran. Er sagt mehrfach: Dies Buch ist in arabischer Sprache, es ist klar und leicht zu verstehen. Jetzt seid ihr wie die anderen Nationen ohne Ausrede. Die Zeit der Unwissenheit ist vorüber.

 

Der Ursprung dieser Auffassung einer Abfolge von heiligen Schriften für alle Nationen, für jede in ihrer eigenen Sprache, ist ein ungelöstes Rätsel. Mohammed wusste, dass es eine abessinische Kirche gab, eine syrische Kirche, lebendige Gemeinden in Südarabien und dass 2112 Stämme in Nordarabien Christen waren. Einige von diesen Christen sprachen die eine Sprache, andere eine andere Sprache, und trotzdem hatten sie ein Buch und einen "Propheten".

 

Jedenfalls ist diese Vorstellung einer Reihe von Heiligen Büchern das Gegenteil von dem, was die Kirche lehrt. Von Anfang an hat Gott sich an bestimmte Orte, Menschen und Wege gebunden. Die Heiligen Schriften spielen eine sehr viel kleinere Rolle - auch das erst in einer späteren Phase - im Plan Gottes, als die meisten Leute sich vorstellen. Was die Kirche von Gottes Plan weiß, ist nicht dies, dass durch Bücher Menschen zur Religion Adams zurückgebracht werden sollen, sondern dass sie durch Ereignisse der Geschichte auf die Ankunft des Menschensohnes vorbereitet werden.

 

Also auch in diesem Punkt kann die Kirche die Auffassung des Mohammed von seinem Buch nicht annehmen.

 

Es ist nicht mehr ganz dasselbe, wenn Mohammed sagt, dass der Koran die Bekräftigung aller vorhergehenden heiligen Schriften ist. Zuerst hatte jedes Land seinen eigenen Warner und wahrscheinlich auch sein eigenes Buch. Alle diese Bücher enthalten in Wirklichkeit die eine Botschaft, wohl mit verschiedenem Nachdruck. Aber nun wird eins von ihnen, der Koran, herausgestellt als das Buch, das in der Lage ist, diejenigen, die vorausgegangen sind, zu bestätigen. Solange Mohammed allgemein spricht, sagt er "Bücher" und "Völker", aber wenn er konkreter wird, dann erwähnt er nur die Thora und das Evangelium. Ist nun sein Koran eine Bekräftigung aller Bücher, die eingeschlossen, die er niemals mit Namen erwähnt? Oder wird nur die Vorstellung, dass Bücher vom Himmel gesandt worden sind, bestätigt? Wenn das der Fall ist, warum sollte diese Lehre hunderte Jahre später bestätigt werden?

 

Mohammed wiederholt eine Menge Folklore und traditionelles Material, das seine erste Inspiration im Alten Testament hat. Er stellt den Anspruch, dass diese Geschichten ihm von Allah diktiert wurden. Ist das die Methode, in der ein Buch die anderen bestätigt? In den meisten Fällen widerspricht es ihnen, jedenfalls in den Einzelheiten.

 

Selbst wenn wir davon ausgehen, dass diese Offenbarungen "nazil" = vom Himmel herabgeschickt sind und die Wahrheit Gottes in Buchform bringen, dann müssen sie alle in gleicher Weise "nazill" sein. Entweder brauchen alle eine Bestätigung, oder keins. Aber weil nun keine menschliche Errungenschaft Gottes Wahrheit bestätigen kann, muss man folgern, dass kein Buch die anderen bestätigen kann und dass sie eine Bestätigung nicht brauchen. Wenn man aber die Sache von der Kirche ausgeht, die der Meinung ist, dass die Bücher nur der vom Geist geleitete Bericht, Auslegung des lebendigen Wortes Gottes und seiner Taten in der Geschichte sind, dann liegt es nicht innerhalb der Kompetenz eines Buches, ein anderes zu bestätigen.

 

Mohammed stellte den Anspruch, dass der Koran die endgültige und absolute Wahrheit darstellt. Wie jemand diesen Punkt mit den beiden vorher erwähnten vereinen kann, ist mir nicht einleuchtend. Als Mohammed diesen Anspruch stellte, hat er im Grunde die ganze Lehre einer Abfolge von Schriften aufgegeben. Wenn er den Koran die endgültige Wahrheit nannte, meinte er offenbar nach Auskunft der Muslime folgendes: Was an ewiger Wahrheit in den früheren Büchern gestanden haben mag, das ist jetzt gesammelt und wiederveröffentlicht im Koran. Das, was sich nur auf Situationen bezog, die nicht mehr bestehen, wurde weggelassen.

 

Bis zu der Zeit Mohammeds gab es offenbar Nationen und Völker, die einen Warner brauchten. Aber was hat sich denn ereignet in der Menschheit, dass solche Situationen nicht immer wieder auftreten? Müssen sich seitdem alle Leute auf den Rat verlassen, der den Arabern 1300 Jahre zuvor gegeben wurde? Der Koran erinnert die Araber wiederholt daran, dass er in ihrer Muttersprache spricht, klar und verständlich als Recht. Wie steht es nun mit den Millionen von Leuten, die auch die Erde bewohnen, deren Muttersprache aber nicht arabisch ist? Wie kann für sie der Koran eine klare, verständliche Leitung zum Recht werden? Man mag sagen: Lass sie doch Arabisch lernen! Einer von tausend tut es, aber Arabisch wird dadurch nicht seine Muttersprache. Andere sagen: Übersetze den Koran. Aber das geht nicht. Noch 1958 haben der Dekan und die Fakultät von Al-Azhar beschlossen, Übersetzungen der "Bedeutung" des Koran in verschiedenen Sprachen zu machen, aber eine richtige, wörtliche Übersetzung ist nicht zugelassen. Natürlich hat man es versucht, Europäer und einige nicht-orthodoxe Muslime, aber ohne Billigung der muslimischen Gesellschaft.

 

Mohammed hat wiederholt betont, der Koran sei eine klare und verständliche Leitung des Volkes. Und nun ist er für eine überwältigend große Majorität der Muslime eine unverständliche, gemurmelte Wiederholung. Gebildete Muslime arbeiten Tag und Nacht daran, um die Weisung, die den arabischen Wüstenstämmen vor 1300 Jahren gegeben wurde, auf ihre eigenen ökonomischen, sozialen, politischen und religiösen Probleme anzuwenden. Diese Entwicklung war unvermeidbar, wenn ein Buch voller Offenbarungen, die sich auf ein bestimmtes Volk beziehen, zum universalen Ratgeber für alle Menschen und zu allen Zeiten bis zum Ende der Zeit wird.

 

Wir wollen aber nicht vergessen, dass wir von unserem Herrn genau so sprechen wie Mohammed von seinem Buch. Christus ist für uns die endgültige, absolute Wahrheit - die Wahrheit. Deshalb können nicht zwei endgültige, absolute Wahrheiten bestehen. Und zweifellos sind sie nicht identisch. Deshalb muss es eine Entscheidung geben. Warum wählen wir Christus und nicht den Koran? Einfach deswegen, weil der Koran und seine Inhalte uns so dargeboten sind, wie anderes allgemeines Wissen uns dargeboten ist. Ich will es illustrieren. Man geht und kauft eine Karte, diese ist bestimmt als ein Ratgeber für Motorfahrzeuge. Wenn man die Karte studiert hat, dann weiß man, welche Wege man vermeiden soll und welche man benutzen muss, um schnell und bequem ans Ziel zu kommen. Man glaubt der Person, welche die Karte hergestellt hat, man gebraucht seinen Verstand, sein Gedächtnis und seinen Willen und man geht los, Richtung Ziel. Der Koran behauptet, den Weg zum Himmel mit derselben Methode zu zeichnen, d.h.: Vertraue auf den Autor, gebrauche deinen Verstand beim Studium, dein Gedächtnis bei der Anwendung und den Willen, das sind die wesentlichen Dinge.

 

Aber: Die absolute Wahrheit (d.h. die Wahrheit, die nicht abhängt von ihrer Beziehung zu anderen Wahrheiten, um Wahrheit zu sein) liegt vollständig außerhalb des Fassungsvermögens von endlichen Menschen. Jede Wahrheit, die wir kennen und verstehen, ist eine relative Wahrheit, das heißt, sie hängt von anderen Wahrheiten ab. Der Mensch kennt leider nur eine absolute Sache, und das ist der Tod. Keine Wahrheit des Menschen ist endgültig, nur der Tod. und deshalb ist es ein offenkundiger Widerspruch, eine Sache zur selben Zeit als klaren, verständlichen Ratgeber für den Weg zum Himmel und als endgültige, absolute Wahrheit auszugeben. Auf der anderen Seite hat die Kirche immer die Meinung vertreten, dass in Christus als das Wort, als die Offenbarung Gottes die endgültige, absolute Wahrheit, verborgen ist. Es ist das Werk des Heiligen Geistes, der es möglich macht, diese Wahrheit zu erkennen. Diese Erkenntnis ist nicht eine geistige Aktivität, sondern die Anerkennung Christi als Herrn und Meister. Nur durch die Jüngerschaft können wir die Tatsache erfassen, dass Christus die endgültige, absolute Wahrheit ist, und nicht, weil wir ihn studiert haben, ihn gefunden haben als absolute Wahrheit.