Predigt, Lehre, Zeugnis

Von Anfang an möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, daß diese drei Worte nicht das gleiche bedeuten: Man kann sie nicht untereinander austauschbar benutzen. Es gibt in allem rechten Predigen oder Lehren des christlichen Glaubens ein Element des Zeugnisablegens. Aber im wesentlichen handelt es sich um drei ganz verschiedene Begriffe.

Es geht hier nicht um einen Kampf gegen Windmühlenflügel. Lassen Sie mich Ihnen nur ein typisches Beispiel geben. Die World Dominion Press hat ein Traktat herausgebracht: "Was die Zahlen besagen". Zwei Abschnitte auf der allerletzten Seite lauten wie folgt: "Um zu zeigen, wie es für Christen sehr wohl möglich ist, Leuten etwas über Christus zu erzählen, wird folgender Vorschlag gemacht: Wenn in einem Jahr alle die, die wahre Christen sind, sich bemühten, eine andere Person zu lehren und zu Christus zu führen, würde am Ende des Jahres die Zahl der Christen sich verdoppelt haben. Wenn das im zweiten Jahr wiederholt würde, hätte diese Zahl sich wieder verdoppelt. Setzt man das jedes Jahr fort, dann würde in wenigen Jahren das Land evangelisiert sein. - Das Geheimnis dieser Zahlen besteht darin, daß, wenn wir Christi Wort erfüllen sollen und das Evangelium der ganzen Welt predigen, wir nicht nur an Pastoren und Evangelisten denken dürfen, sondern an jeden Mann, jede Frau, jedes Kind, das weiß, was es bedeutet, ein Christ zu sein. Wenn jedes Mitglied der christlichen Kirche ein Zeugnis gebender und aktiver Christ ist, der jede Gelegenheit ergreift, das Evangelium weiterzusagen, dann wird Indien ein Land Christi werden." Lassen wir den wichtigsten Punkt für ein Weile warten, um dieser Tatsache ins Auge zu sehen: Zwei - nur zwei von zehn Christen können lesen und schreiben. Das war eine optimistische Schätzung für das ungeteilte Indien. In Pakistan wären es vielleicht 2 von 20, sehen wir auf die große Zahl von ungebildeten und dürftig unterrichteten christlichen Laien, 80 - 90% der Mitglieder der Kirchen.

In all den Jahren haben Missionare Menschen angespornt, Verkünder des Evangeliums zu sein. Sie ließen vollständig die Tatsache außer acht, daß niemand da war, der ihnen half zu verstehen, was das Evangelium wirklich ist, das sie predigen sollten. Außerdem haben die Missionen eine andere Tatsache weitgehend ignoriert: Die Kirche braucht eine Anzahl von Männern von höchstem Niveau, die ausgebildet und im Stande sind, in jeder Situation, in der sich die Kirche befindet, mit Polemik fertig zu werden. Das trifft genauso zu für Pakistan, wo es um den Islam geht, wie für Amerika, wo es gegen die Verweltlichung, wie für Rußland, wo es gegen den Kommunismus zu kämpfen gilt.

Die Kirche als Leib Christi hat ein Ziel. Sie geht bis zu den Enden der Erde, um das Evangelium zu predigen. An die "Enden der Welt" zu gehen, muß nicht unbedingt heißen, daß jemand seine Heimatstadt verläßt, über Land und See reist, um so weit wie möglich zu kommen. Das kann es auch heißen, aber es heißt jedenfalls, daß die Kirche in ihrem eigenen Bereich bis "zum Ende

der Welt" geht. Das bedeutet nicht, daß jeder Christ aus Amerika oder England nach Indien, Afrika oder China gehen sollte, noch heißt es, daß jeder einzelne Christ in der Kirche aufbrechen sollte, um in seinem Bezirk oder Gebiet "zu predigen". Die Kirche ist überall in der Welt gegenwärtig durch ihre Vertreter.

Die großen Reformatoren griffen die römische Auffassung von der Kirche an; dadurch wurde die Frage der Hierarchie und des geistlichen Amtes zum Streitobjekt. Die römische Lehre vom "unverlierbaren Charakter", die lehrt, daß der Priester durch seine Ordination einer Art magischer Verwandlung unterliegt, die ihm eine einmalige Stellung in der Kirche gibt, wurde als falsche Lehre verworfen. Die Reformatoren schütteten jedoch nicht das Kind mit dem Bade aus; im Gegenteil, sie definierten die Kirche neu und gaben uns eine lebendige und dynamische Vorstellung von ihr, die mit dem Gedanken älterer Kirchenväter in einer Linie liegt.

Die Kirche ist apostolisch. Das ist sie nicht, weil Petrus seine Hand auf jemanden legt, und dieser Jemand auf jemand anders und so weiter durch die Zeiten. Diese Konzeption ist zu einfach, zu mechanisch und historisch zweifelhaft. Die Kirche ist apostolisch, weil der Herr das Apostolat geschaffen hat und keinen anderen Zugang für uns offen läßt, durch den wir Glieder seines Leibes werden können, außer durch den Glauben der Apostel. Machen Sie sich das ganz klar. Wir wissen nichts von Christus, weder historisch, noch theologisch außer durch das Apostolat. Es gibt überhaupt keine Möglichkeit, an den Aposteln vorbei direkt zu unserem Herrn zu kommen: Es kann also keinen Glauben an Christus geben, der nicht durch den Leib Christi, die Kirche, vermittelt ist.

Lassen Sie uns diesen Gedanken weiterverfolgen. Das "Apostolat" erhielt das Gebot, das Evangelium in der Welt zu verkündigen. Dies ist ein Befehl an den ganzen Leib, nicht an die einzelnen. Es bedeutet nicht, daß jeder einzelne ein Prediger sein sollte. Gemeinsam hat die Kirche die Aufgabe - weil sie apostolisch ist - die Welt zu evangelisieren. Zur selben Zeit werden bestimmte Charismen an die Kirche gegeben. Der Heilige Geist hat in der Gemeinde verschiedene Begabungen verteilt; einige sind Apostel, einige Lehrer, andere Prediger, andere Evangelisten usw. Wir wollen hier nur die Tatsache herausstellen, daß die Kirche von Anfang an zwischen der Predigt des Wortes und jeder Art von anderem Dienst unterschieden hat. Mit anderen Worten, die geistlichen Begabungen der Kirche sind so geordnet worden, daß einige Leute ordiniert wurden, das Wort zu predigen, und andere beauftragt wurden, auf verschiedene andere Weise Gott zu dienen. Natürlich bedeutet diese. Aufteilung nicht, daß das eine besser oder größer ist als das andere - wer der Größte sein will, der sei aller Knecht - sie ist einfach abhängig von der Verteilung der Charismen, der geistlichen Begabungen, im Leib Christi.

Lassen Sie mich hier einen Moment verweilen und Sie daran erinnern, daß wir immer noch über das Predigen sprechen. Das Lehren, über das wir später diskutieren werden, ist genauso eine geistliche Begabung in der Kirche, die einer Person gegeben wird und einer anderen nicht. Zeugnis ablegen andererseits ist sicher nicht ein Charisma in der Kirche, sondern eine notwendige Funktion jedes Gliedes im Leib Christi.

Zur Zeit der Reformation dachten Tausende von Enthusiasten, daß nun jeder Hans und Franz Prediger sein könne, und das Land war überschwemmt von Fanatikern mit leuchtenden Augen, die "predigten".

Die Reformatoren waren in einem gewissen Umfang erfolgreich, diese Dinge wieder in Ordnung zu bringen; aber später geriet die Einsicht, daß die Christen ein "Leib" sind und der Heilige Geist geistliche Begabungen austeilt, wohl in Vergessenheit. Individuen, für die Erfahrungsreligion das Wesentliche ist, sehen die Kirche als eine Art Gemeinschafts-Klub an, in dem Leute, die die gleiche Sprache sprechen, sich weiter unterhalten. Wenn Religion die Erfahrung des einzelnen ist, dann gilt das Schlagwort "Jeder lehrte einen anderen". Das war der Fall in der neueren Missionsbewegung.

Bemerkenswert genug ist, daß in vergangenen Jahren die einheimischen Kirchen selbst tastend versuchten, ihren Weg zur ursprünglich christlichen Auffassung von Gemeinschaft zu finden, die ihren Mittelpunkt in der Lehre von der Kirche als dem Leib Christi hat. Das geht ganz deutlich aus den Berichten der Tambaram-Konferenz hervor.

Täuschen Sie sich nicht: Verkündigung ist kein Kinderspiel. Es ist eine Arbeit, die nicht von jedem redefreudigen Laien getan werden kann. Dem Wort als Prediger zu dienen, ist das Charisma in der Kirche, das am meisten fordert: Glaube, Demut, Geduld müssen in anstrengenden und beharrlichen Kämpfen eingesetzt werden von denen, deren Gabe es ist, der Kirche in dieser Weise zu dienen.

Es gibt vielleicht nichts, was in der Missionsarbeit so von Grund auf falsch ist wie der Gedanke, daß jeder Christ, nur weil er ein Christ ist, Christentum predigen kann. Um mit dem Blick auf die Missionare zu beginnen, die herauskommen: Sehr oft erwartet die Mission von Leuten mit einer sehr gründlichen säkularen Spezialausbildung, daß sie nebenher das Christentum predigen und lehren, nur weil sie Christen im Dienst einer Missionsgesellschaft sind.

 

Lehre:

Mancher mag Christ, sogar ein geborener Lehrer sein und trotzdem nicht die Gnade und Begabung haben, um im biblischen Sinne das Wort zu lehren. Sehen Sie sich folgendes Zitat von Luther an: "Ja, wäret ihr weise und klüger als Salomo und Daniel ... wenn Gott euch nicht ruft, laß nicht deine Kunst dich mitreißen ... Aber wer unberufen lehrt, lehrt nicht ohne Schaden für sich selbst und seine Hörer, weil Christus nicht mit ihnen ist."

Luther formuliert hier sehr deutlich, daß auch der weise und kluge Lehrer des allgemeinen Wissens nicht durch seine Weisheit und Klugheit von Natur aus berufen ist, die Erkenntnis des Heils zu lehren, die man nur im Verband des Leibes Christi, der Kirche, haben kann. Dies ist reformatorische Lehre, die nicht nur von einer Denomination allein vertreten wird. Lassen Sie mich die Bedeutung dieser Lehre auf folgende Weise erläutern: Jede neu heranwachsende Generation von Erziehern hat das eine oder andere Hobby, eine bessere Lehrmethode. Ihre Ideen mögen gut sein oder nicht, so weit es sich um allgemeine Bildung handelt. Aber es folgt nicht daraus, daß, weil du das Bild einer Blume auf ein Stück Flanell heften und dadurch Kindern helfen kannst, ihre Lektion zu begreifen, daß du ein Christusbild aus Papier an das Flanell heften oder eine Walnußschale voll von gefärbten Bändern oder ein "Buch ohne Worte" verwenden kannst, dabei Erkenntnis des Heils, christlichen Glauben lehrst.

Luther wußte, worüber er sprach, als er sagte, solche Lehrer, die nicht von Gott berufen sind und die nicht die Gnadengabe zu lehren haben, schaden nur sich selbst und denen, die sie hören!

Lehren als ein Geschenk der Gnade kann praktisch in drei Kategorien aufgeteilt werden: a) getaufte Kinder und Sucher, d.h. Glaubens-Anfänger zu lehren; b) Erwachsene in Schulen, Colleges und Bibelklassen zu lehren; c) Kandidaten für das geistliche Amt, d.h. Theologie zu lehren.

Nun lassen Sie uns die Arbeit auf dem Missionsfeld ansehen. Erstens wird praktisch von jedem christlichen Lehrer, einfach, weil er ein Christ ist, erwartet, daß er Christentum lehrt; und zweitens wird erwartet, daß praktisch jeder Missionar, der hinausgeht, auf Wink und Ruf einer manchmal verständnislosen und oft nicht informierten Kirchenleitung oder Synode hin heute als Pastor einer Kirche angestellt, morgen als Distriktmissionar, übermorgen als Lehrer der Theologie Dienst tut. Die einzige Sorge der Kirchenleitung scheint der glatte Ablauf der Verwaltungsmaschinerie zu sein, während sie die Charismen des Heiligen Geistes in der Kirche ignoriert oder vergißt, weil das einfacher aussieht. Was können Sie nun in der heutigen Lage tun? Sie können Ihr Herz und Gewissen erforschen und sehen, ob Sie den Glauben haben, daß Gott Sie ruft oder rufen wird und Ihnen das Geschenk der Gnade zu lehren geben wird. Wenn Sie diesen Ruf hören, sollten Sie Ihre Kirche um die Ausbildung bitten, die Ihnen helfen kann, diese Gnadengabe auszuüben. Sonst sollten Sie in Ihrem eigenen und dem Interesse Ihrer Hörer sich weigern zu lehren.

 

Zeugnis:

"Wenn Du mit Deinem Herzen glaubst und das mit Deinem Mund bekennst" - so sagte es Paulus. Wie der Glaube ebenso persönlich wie universal ist, so ist offenbar auch das Zeugnis ebenso persönlich wie universal. Demzufolge ist Zeugnis ablegen nicht eine Begabung der Gnade, die vom Heiligen Geist einigen wohl und anderen nicht verliehen wurde. Wir müssen aber verstehen und zur Kenntnis nehmen, daß das ganze Leben eines Gläubigen sich im Kontext der Gemeinde vollzieht und ebenso das ganze Leben des Gläubigen als Zeugnis im selben Kontext erfolgen muß. Lassen Sie uns sehen, wie das Zeugnis aussieht.

Wir nehmen die Kirche unserer Erfahrung zuerst. Ich möchte auf die Veröffentlichung der World Dominion Press zurückgreifen, die schon erwähnt wurde und die leider keine Ausnahme von der Regel ist, sondern ein gutes Beispiel für das allgemein übliche abgibt. Auf Seite 21 ist von "dem Licht der Gottes-Wahrheit und Freude auf euren Gesichtern" die Rede, und auf einem Bild wird daraus ein schwachsinniges heiliges Grinsen, das als "lasset Euer Licht leuchten" gelten soll. Sie haben das alle schon auf Sonntagsschulbildern gesehen. Das eine kleine Mädchen ist verdrießlich und schlecht gelaunt. Sie ist natürlich keine Christin. Das andere hat ein Grinsen auf seinem Gesicht, geht herum und erzählt überall, daß das daher kommt, weil es Jesus liebt. Es sollte nicht notwendig sein, diese Dinge bei erwachsenen, intelligenten Menschen zu erwähnen, und doch ist es gerade dieses Material, mit dem man heutzutage hausieren geht und vorgibt, das sei "Zeugnis geben".

Noch ein Beispiel. Im selben Heft gibt es eine Sammeldarstellung mit 8 Einzelbildern darin. Man sieht einen Mann einen anderen auf der Straße anhalten, einen anderen, wie er einen Bauern bei der Arbeit stört, einer hat eben einen armen Burschen mit einer Ladung Holz auf dem Kopf angehalten, eine Frau schwätzt mit einer anderen, anstatt ihr Haus in Ordnung zu halten - und das sind einige von diesen Christen, die das Evangelium "weitersagen", die jemanden beim Kragen packen und aufhalten und ihm erzählen, was Jesus ihnen bedeutet. Und in jedem Fall hat der andere Bursche einen überraschten, glücklichen Ausdruck auf seinem Gesicht.

Als wir noch Kinder waren, bekamen wir oft Bilder mit der Überschrift: "Was ist falsch an diesem Bild?" Man mußte es eine Weile betrachten, um einen Esel mit einem buschigen Pferdeschwanz oder vielleicht ein Pferd mit gespaltenen Kuh-Hufen oder so irgendetwas zu finden. Nun, was ist an diesem Bild mit den 8 Schwätzern falsch? Offensichtlich der glücklich überraschte Gesichtsausdruck, wenn sie hören, was Jesus den Schwätzern bedeutet. Das Bild setzt voraus, daß eine echte Darbietung des Christentums vor sich gehen kann ohne Kampf, ohne Widerstand, ohne daß sie ein Urteil bedeutet über alles, was der Hörer glaubt und worin er lebt. Es setzt nichts voraus als Unwissenheit und den Willen zuzuhören. Aber es ist doch eine Lüge, so zu tun, als ob das Christentum ohne Kampf und Widerstand vermittelt werden kann. Die Arbeit der Kirche sollte einem Feuer gleichen, das auf die Erde geworfen wurde. Dann wäre jede Feuerwehr, die der Teufel in dem Gebiet einzusetzen hat, unterwegs, um es auszulöschen. Und dann würde die Warnung unseres Herrn in unseren Ohren klingen: "Wer mich verleugnet vor den Menschen, den will ich auch vor meinem Vater verleugnen".

Das Wort für Zeugnis im Griechischen ist martyria, und die Person, die Zeugnis ablegt, ist martys, daher kommt unser deutsches Wort Märtyrer. Bemerkenswert genug ist es, daß aus der arabischen Wurzel Shahad beides abgeleitet wird: shahid, der Märtyrer, und shahed, der, der Zeugnis ablegt. Diese aufschlußreiche Tatsache deutet an, daß sogar außerhalb der Kirche derjenige, der den Mut hat, Zeugnis abzulegen, verfolgt wird. Es muß nicht in jedem Fall dazukommen, daß der Zeuge notwendigerweise sein Leben verliert. Aber man sieht doch, daß Zeugnis ablegen sich nicht nur der Unwissenheit gegenübersieht, sondern dem Bösen.

In der Kirche unseres Glaubens - im Gegensatz zu der Kirche unserer alltäglichen Erfahrung steht das persönliche Zeugnis des Gläubigen genau wie alles andere im Kontext der Kirche, des Leibes Christi. Dort, in der Gemeinde, geschieht das erste und grundlegende Zeugnis, die Taufe. Bitte mißverstehen Sie dies nicht. Die Taufe ist nicht das Zeugnis des einzelnen, daß er nun den Glauben an Christus hat. Dann wäre sie nicht mehr wert, als was jeder einzelne ihr beimißt. Die Taufe, als ein Zeugnis angesehen, ist der Hinweis der Kirche auf eine Tat Gottes. Die Taufe verkündet der Welt, daß Gott mit den Menschen einen Bund geschlossen hat, der durch den Leib Christi, die Kirche, vermittelt wird. Die Taufe ist ein Zeugnis der Tatsache, daß Gott sein Eigentum beansprucht und daß in jeder einzelnen Taufe Gott diese bestimmte Person gerufen hat, zur Taufe zu kommen. In dieser Beziehung ist es unerheblich, ob der Empfänger der Taufe zwei Monate oder achtzig Jahre alt ist; Taufe ist so oder so ein Zeichen für die Tatsache von Gottes Bund mit den Menschen in der Kirche.

In allen Ländern, in denen das Christentum nicht akzeptierte Religion ist, ist den Leuten die Tatsache bewußt, daß gerade die Taufe den wirklichen Unterschied in der Stellung eines Menschen in der Gemeinschaft ausmacht.

Das zweite Zeugnis in der Kirche ist das Heilige Abendmahl. Mit der Austeilung und Entgegennahme von Brot und Wein legt die Gemeinde Zeugnis vom Tod des Herrn ab. Hier nimmt jedes Glied des Leibes Gottes Zeugnis über seinen Sohn an. Diese zwei Sakramente sind nicht das individuelle Zeugnis einer Person über ihren Glauben oder ihr Verhalten; sie sind das gemeinsame Zeugnis des gesamten Leibes, der die Treue Gottes zu seiner Schöpfung bezeugt. Jedermann, der an diesen beiden Sakramenten teilnimmt, identifiziert sich mit der Kirche. Und trotzdem waren in Indien vor der Teilung nur etwa drei von sieben erwachsenen Christen zum Abendmahl zugelassen!

Weil die Kirche immer dynamisch ist, folgt auf das in den Sakramenten enthaltene Zeugnis das in der "Gemeinschaft der Heiligen" enthaltene Zeugnis. Lassen Sie uns bitte nicht darüber streiten, wer die Heiligen sind: Sie, ich und die anderen Kerle - wir sind die Heiligen. Das hat weiter nichts mit Vollkommenheit zu tun. Die Kirche ist weder ein Club noch eine Versicherungsgesellschaft. Sie ist ein lebendiger, dynamischer Organismus. Ständiger Wechsel findet statt; manches lebt, manches stirbt; manches ist schlecht; manches ändert sich, manches ist versteinert. Und mitten darin haben wir die Gemeinschaft der Heiligen: Sie lebt nicht von der Gleichartigkeit der Gesinnung, sondern von den Sakramenten und vom Wort. Das Wort erklärt die Sakramente; die Sakramente verkörpern das Wort. Der Christ, der das Wort hört und die Sakramente empfängt, kehrt immer wieder zurück zum Inhalt des großen klassischen Glaubensbekenntnisses, das das Apostolische Glaubensbekenntnis genannt wird. Und wenn das Zeugnis eines Menschen entweder in der Gemeinde im Gottesdienst oder allein, draußen im Angesicht von Gegnerschaft, Gewalttätigkeit oder Tod, in Einklang ist mit dem Inhalt des Credo, dann identifiziert er sich persönlich mit dem Zeugnis des Leibes Christi zur Treue Gottes gegenüber den Menschen.

Dann ist die Kirche Gottes erstes Zeugnis seiner Treue gegenüber den Menschen! Und doch sind Indien und Pakistan voll von supergeistlichen Individuen, die die Gemeinschaft der Heiligen, d.h. die Gemeinde am Ort, nicht nötig haben. Ein großes Hindernis zum wirksamen Zeugnis der Kirche ist die Pseudo-Spiritualität, die in arrogantem Stolz die Kirche am Ort als "tot" oder "ungläubig" oder "weltlich" verdammt und entweder eine Spaltung anfängt oder die konkrete Gemeinde vollkommen ignoriert.

Die Hauptsache beim Zeugnis sollte darin liegen, daß das Individuum die Gemeinschaft der Kirche annimmt, durch die Gott Zeugnis ablegt. Stattdessen haben wir den Eifer von Christen, die versuchen, den anderen klarzumachen, "was Jesus mir bedeutet". Und das Ergebnis? Wen interessiert das? Ein Schulterzucken, ein Hohnlachen oder Steine.

Schließlich, wenn Sie diese Haltung gegenüber der Kirche und gegenüber Ihren Begabungen der Gnade annehmen, dann werden Sie sehen, wie grundlegend Sie Ihre Haltung gegenüber der Aufgabe der Kirche, das Evangelium den Muslimen zu verkündigen und sie über den Inhalt des Glaubens zu belehren, beeinflußt. Und lassen Sie mich Ihnen sagen, daß Sie sicher bald Kummer mit Ihrem Sucher und Neubekehrten haben werden. Es gibt dafür drei Gründe.

Der Bekehrte oder Sucher möchte sich nicht mit der Kirche identifizieren, weil er weiß, daß diese Identifikation ein wirkliches Zeugnis ist, das Verfolgung bringen wird. So lange, wie er sich unter den Fittichen des Missionars verstecken kann, mag er sich noch so tapfer als Christ in verschiedenen besonderen Situationen zu erkennen geben. Aber das Feuerwerk fängt erst an, wenn er sich zur Kirche bekennt. Es ist natürlich genug, daß er das vermeiden möchte. Sie müssen hier bedenken, daß im Islam das Glaubensbekenntnis immer an der Gefahr gemessen wird, der man ausgesetzt wird. Angesichts eines drohenden Todes darf ein Muslim seinen Glauben widerrufen - vorausgesetzt, daß er den Widerruf nicht im Herzen bejaht. Diese Haltung ist sehr oft ins Christentum mitgebracht worden. "Gott schaut auf das Herz, und er weiß, was in meinem Herzen ist, gleichgültig, was ich sage". Diese Haltung kann man durchhalten, solange der Missionar noch im Hintergrund zur Hand ist. Wenn der Bekehrte aber an die Kirche gewiesen ist, muß er diese Einstellung aufgeben. Außerdem möchte er sich vielleicht nicht mit der Kirche identifizieren, weil der Missionar diese Kirche schlecht gemacht hat. Ich habe Missionare sagen hören: "Mein Bekehrter möchte sich mit diesen Leuten nicht identifizieren; ich kann es ihm nicht verdenken, es ist ja doch wirklich ein verrotteter Haufen". Darauf erwidere ich: "Wahrscheinlich haben Sie recht. Die Leute gleichen eben wie die Hobelspäne dem Holzblock, aus dem sie geschnitzt sind, nämlich ihrem Missionar. In acht Jahren wird Ihr Konvertit genauso sein, und die Ursache liegt in Ihrer Haltung gegenüber der Kirche".

Der Islam, aus dem Ihr Sucher oder Bekehrter herkommt, ist auf seiner spirituellen Seite eine höchst individualistische Religion. Trotzdem lehrt er eine große "Bruderschaft" der Menschen, eine Solidarität der Gläubigen, aber er hat keine Lehre, die der vom Leibe Christi, vom Weinstock und den Reben auch nur von Ferne entspricht. Diese fundamentale Lehre vom Apostolat, von unserer Beziehung zu Gott, die in der Kirche wurzelt und in sie eingebunden ist, kann ein Muslim nur sehr schwer verstehen. Er möchte eine private, persönliche Beziehung zu Gott, so wie er es im Islam gewöhnt war.

Die ganze Sache sieht sehr hoffnungslos aus, nicht war? So ist es immer in der Hitze des Kampfes. Sie können natürlich aufgeben, oder Sie können bis zu dem Punkt kämpfen, an dem Ihr Glaube sich nicht mehr auf Sie selbst verläßt, weder auf Ihre Fähigkeiten noch auf Ihre Umgebung, sondern auf Ihn, der alle Macht im Himmel und auf Erden hat.